Naturfarbe gelassen war, ebenso aber auch und besonders häufig auf
Schweinsleder, letzteres vor Allem in Deutschland und in den sächsischen
Buchbindereien. Die Buchbinderei, das sei noch nebenbei bemerkt, sonst
vor Allem in den Klöstern geübt, wo man die Bücher verfasste oder ab-
schrieb, war mit der Buchdruckerkunst und den vermehrten Anforderungen
ein bürgerliches Gewerbe geworden.
Selbstverständlich verlangte das Buch einen ornamentalen Ersatz für
Metall und Relief, ein Ornament, das sich mit der neuen Stellung vertrug.
Dasselbe muss erstens glatt sein und zweitens auch auf dem Rücken sich
anbringen lassen, der nun zu erhöhter Bedeutung kam, da er in der
neuen Art der Aufstellung allein sichtbar blieb und daher den Titel erhielt.
Die neue Ornamentationsweise war die Vergoldung. Vergoldete Linien,
Bänder, Arabesken wurden mit Stanzen eingeprägt und erfüllten Decken
und Rücken. Die ersten Motive wurden selbstverständlich der Renaissance
entlehnt, aber diese wurden durch andere so verdrängt, dass fortan die
Ornamentation des Bucheinbandes ganz unbekümmert um den decorativen
Stil der Zeiten, völlig ihre eigenen Wege zu gehen scheint. Diese anderen
Motive sind orientalischer Herkunft. Zu jener Zeit, d. h. im 16. Jahr-
hunderte, da die Harnische allgemach in der Väter Hallen zur ewigen
Ruhe beigesetzt wurden, begann die Liebhaberei an schönen und fremd-
artigen Waffen. Diese Liebhaberei, von Handel und Türkenkriegen gleich
begünstigt, führte viel orientalisches Gezeug nach Europa und auf diesem
die überaus zierlichen, in Gold rauschirten Ornamente. Das Genre gefiel,
und so gingen diese goldenen Arabesken erst auf den Waffenschmied über,
dann auf den Buchbinder und drangen selbst in die Buchdruckerei. Sie
sind die Vorfahren der noch heute beliebten vZügen.
Von diesen Arabesken also nahm die äußere Decoration des eigent-
lichen Bibliotheksbuches für die ganze moderne Zeit ihren Ausgang. Leder
und Pergament wurden oder blieben das Material; Sammt, Seide waren
doch nur Ausnahme, bis im 18. Jahrhunderte das billige Papier in Con-
currenz trat. Anfangs hatte das Leder seine Naturfarbe, aber schon im
16. Jahrhunderte wurde es roth gefärbt, eine Farbe, die sich das 17. und
18. Jahrhundert hindurch in der Vorliebe behauptete. Daneben erscheint
Braun, dunkel oder hell, Schwarz, auch wohl Grün. Zuweilen, aber doch
eigentlich erst im 18. Jahrhunderte, da die Feinheit der Verzierung zu
sinken begann, wurde auch das Leder fleckig gemustert und in verschie-
dener Weise marmorirt.
Die Ornamentation selbst begann mit einem Systeme von Arabesken,
das, aus Bändern und Linien bestehend, sich durcheinander schlang, aber
in voller Regelmäßigkeit entweder die ganze Decke der Fläche überzog
oder aus Rand-, Eckverzierungen _und Mittelstück gebildet wurde. Die
Stelle des Mittelstückes konnte auch das Wappen des Besitzers versehen,
oder es mochte der Titel in die Arabeske hineintreten. Gewöhnlich war
das alles nur Vergoldung, die_Linien durch kleine Stanzen aus freier Hand