Bestrebungen in dieser Richtung kaum ein paar Jahre alt sind, reichen
die der Pariser und Londoner Buchbinder, welche vom Geschmacke der
Bücherfreunde und Kunstsammler geleitet waren, schon ein paar Jahr-
zehente zurück. Schon von den früheren Ausstellungen her sind Lortec
in Paris, Marne in Tours, Zähnsdorf in London wohlbekannte Namen.
Das Genre Grolier mit seinen Band- und Linienarabesken auf rothem
oder braunem Leder schwebte ihnen als Muster vor. Sie versuchten die
gleiche Solidität und Vollendung und vermittelst goldener l-landpressung
die gleiche Genauigkeit und Zierlichkeit der Arbeit, den gleichen Eindruck,
den gleichen Geschmack zu erreichen, und ist es ihnen gewiss, wie auch
unsere Ausstellung zeigt, in vielen Fällen gelungen.
Diese Arbeiten sind auf unserer Ausstellung reichlich vertreten,
zumal die französischen, und zwar in älteren Exemplaren, schon von
1867, wie in allerjüngsten. Die Repräsentanten stammen aus.den Samm-
lungen und Beiträgen der Herren Rollinger, von Gerold St Comp., aus
den Sammlungen des Oesterreichischen und des Brünner Museums, aus
der Liechtensteirfschen Bibliothek (d. i. aus der ehemaligen Bibliothek
Firmin-Didot), die jüngsten aus der Bibliothek des Fürsten Metternich.
Wir sehen sie einfach und reich, in lichtem wie dunklem und ge-
färbtem Leder, einfarbig oder mosaikartig. Die einen fallen auf durch
ihre außerordentliche Schlichtheit, welche die Fläche der Decke gar nicht
oder höchstens mit einer goldenen Linie, den Rücken vielleicht nur mit
dem Titel verziert hat. Sie tragen, den äußeren Prunk verschmähend,
ihre Zierde auf der innern Seite. Nimmt man aber den Band zur Hand,
so wird man sich des Gefühlesr nicht entschlagen können, dass man ein
edles, in seiner Einfachheit wohlberechnetes Werk vor sich hat. Andere
wieder legen den Nachdruck auf die Verzierung des Rückens, Andere
überziehen auch die Decken mit reichem Schmucke, aber welch" eine
andere Wirkung als diejenige der Wiener Prachthüllenl Alle aber wenden
ihre Sorgfalt gleichmäßig der inneren wie der" äußeren Seite zu, verzieren
mit goldenen Ornamenten den inneren Rand der Decken, beachten den
Schnitt und was ihm passt, so dass der Kunstfreund wirklich den Ein-
druck einer vollkommenen, allseitig befriedigenden Arbeit erhält.
Diese französischen und englischen Einbände sind auch nicht un-
bemerkt geblieben, aber außerhalb Englands und Frankreichs begegneten
sie nur ausnahmsweise dem Verständnisse, und nur ausnahmsweise fanden
sie Liebhaber, welche die hohen Preise der überaus sorgfältigen Arbeit
zahlten. Die erste Nachahmung - viel früher als in Leipzig - fanden
sie in Wien durch Rollinger, von dem die Ausstellung eine Reihe hübscher
und gelungener Arbeiten zeigt. Dannkam der allzu früh verstorbene
Wunder und bemühte sich mit viel künstlerischem, aber wenig materiellem
Erfolge, der goldenen Handpressung Verbreitung zu geben. Bei längerem
Ebrtsztgung auf der Beilage.