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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XV (1880 / 181)

vorwiegend mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Mittelschulen Oester- 
reichs, speciell der Realschulen, und steht mit der Zeitfrage der Renaissance 
im modernen Kunstleben in enger Beziehung. Wenn ich die Forderungen 
J. LangPs richtig beurtheile, so handelt es sich bei der Frage über die 
humanistische Richtung im Zeichenunterrichte an Realschulen wesentlich 
um folgende Punkte: 
Erstens, um Einführung eines Unterrichtes in der Kunstlehre 
mit einem entsprechenden Lehrapparate. 
Zweitens, um eine Erweiterung des figuralen Zeichnens 
durch Vermehrung des Lehrapparates und eine Verschiebung des Unter- 
richtsstolfes im Zeichnen, speciell in den Oberclassen der Realschulen zu 
Gunsten des figuralen Zeichnens. 
Drittens, um größere Benützung der Formenwelt der 
Natur, eventuell der Einführung des freien Landschaft- und Architektur- 
zeichnens in den genannten Schulen. 
Das wären in erster Linie die Aufgaben, welche jetzt zu lösen 
wären, wenn die humanistischen Tendenzen unserer Zeit im Zeichenunter- 
richte in Realschulen zu voller Geltung kommen sollen. lch kann mich 
nicht in die Erörterung einlassen, in wie weit es möglich sein dürfte, 
bei der gegenwärtigen Organisation dieser Schulen diese Reformanträge 
im Zeichenunterrichte durchzuführen. Möglich, dass durch den so erwei- 
terten Zeichenunterricht die Realschulen, die ohnedies ihrer Zwitternatur 
nach eine nichts weniger als ausgeglichene Mitte zwischen rein humani- 
stischen und rein realistischen Bildungsanstalten einnehmen, noch mehr 
alterirt würden. Möglich, dass dadurch die. letzten Oberclassen der Real- 
schulen durch Einführung dieser Principien im Zeichenunterrichte ge- 
wissermaßen als Vorbereitungsschulen für höhere Kunstgewerbeschulen 
und Akademien der bildenden Künste umgestaltet würden, während jetzt 
die Realschulen eine Art Vorstufe zu technischen Anstalten bilden; - es 
wäre ja vielleicht kein so großes Unglück, wenn das geschähe, insbe- 
sonclers bei Realschulen an Orten, wo Kunst und Kunstgewerbe blühen - 
über diese didaktischen Fragen eine Meinung auszusprechen, kommt mir 
nicht zu und stehen mir auch nicht die Schulerfahrungen im Lehramte 
zur Verfügung, um mit Recht bei dieser internen Frage der Mittelschulen 
mitsprechen zu können. 
Nur möchte ich, bevor ich in die angeregten principielleren Er- 
örterungen eingehe, vorerst einen vorwiegend praktischen Gesichtspunkt 
besprechen, der sich auf die geistigen, speciell künstlerischen Qualitäten 
der Zeichenlehrer an der Realschule und auf die Bildung von Lehramts- 
candidaten für diese Schulen bezieht. 
Sollte man es versuchen, auf die Schultern der Zeichenlehrer spe- 
cielle Rücksichtnahme auf die humanistische Bildung zu laden, so müssten 
die Lehrer in erster Linie nicht bloß Zeichenlehrer, sondern auch Künst- 
lernaturen sein, die auch das figurale Fach gründlich und fachmännisch
	        
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