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Volltext: Alte und Moderne Kunst I (1956 / Heft 3)

Nun hat Wien einmal die Möglichkeit, in einer Ausstellung zu 
sehen, was auf dem Gebiete des guten Geschmackes heute vor- 
bildlich ist. Denn diese Bestimmung trifft für die meisten Geräte 
der in der Ausstellung „Neue Formen aus Dänemark" im Öster- 
reichischen Museum für angewandte Kunst gezeigten Objekte 
zu. Wollte man die ausgestellten Formen und Geräte in die 
Kreise des üblichen kunstgewerblichen Schaffens der Gegenwart 
einordnen, so würde man den größten Schwierigkeiten begegnen. 
Weder im modernistischen Wohnmascltinenstil, noch im Heimat- 
stil dcr Bauernstuben, noch im samthequasteten Kaukasisch- 
Nußbercieh könnten sie existieren. Alle Geräte sprechen ihre 
eigene und ganz eindeutige Formensprache, die man am ehesten 
als cinc humane bezeichnen könnte. Es gibt keine Extravaganzen, 
die auf alle Fälle und mit aller Macht das Auge reizen wollen. 
Bei allem Mut zu lebhaften, manchmal auch kühnen Farben bei 
den Textilien und Keramiken macht sieh nichts Lautes und Auf- 
dringliches bemerkbar. Die ruhige Eleganz der Silbergeräte 
kommt nicht vom Silberglanz der Oberfläche, sondern aus den 
Formbedingungen des Materials. Die Form ist dem Material ab- 
gespürt und nicht von außen her willkürlich aufgeprägt. Die 
Möbel, leicht und bequem, werden trotz Verwendung von Stahl- 
rohr nie zu einem Laborgerät. Sie sind das, was ihr Name aus- 
sagt: bcwcgliches Gerät, das je nach Bedarf in den Raum gerückt, 
diesen immer wieder anders zu gliedern vermag. Die Tropfen- 
form, zu der das flüssige Glas an der Glasmacherpfeife sich 
bildet, gab wohl den Einfall für die Formen der Glasgcräte und 
Vasen her. Und wo ist das Problem der gültigen Form schwie- 
riger zu bewältigen, als bei den Besteckformen? Die Besteck- 
formen eines Georg Jenscn, Entwurf Tias Eckhoff, verzichten 
auf jede Anpassung an ein medizinisches Instrumentarium und 
auch auf jeden schwungvollen Schnörkel. Allein die klaren Maß- 
verhiiltnissc und die Funktion bestimmen ihre Form. Und die 
Lösung der Aneinanderreihung einfachster Blattelemente zu einer 
Kette, die als Schmuckstück getragen wird, erinnert sie nicht 
an jene Prägungen antiker Goldschmiede, die ihr Handwerk noch 
ganz und gar aus der intuitiven Vertrautheit mit dem Material 
gestalteten? 
 
Abb. 2. Snssel, Erxeuger: Frlix Hannn, Entworfen Pater Huldl und 
O. Mulgard Nlclun 
Abb. 3. um. mit sumn, Erzouger: FrihHlnun. 
5mm." um J. Wagnar 
 
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