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eine Selbstverherrlichung der künstlerischen Localgenies greift Platz zum
Nachtheile der Kunstbildung im Ganzen und Großen. Dazu kommt
noch, dass die zeichnenden Künste und die Reproductionsmethoden in
Frankreich in vollenBlüthe stehen und die Franzosen zugleich über emi-
nente Kunsthändler verfügen. Diese haben den Kunstrnarkt sich dadurch
erobert, dass sie Publicationen, wie die GoupiPsche veranlassten, die auf
klarer Erkenntniss der Bedürfnisse beruhen, welche im Zeichenunterrichte
vorhanden sind. Dass Vorlagen ähnlicher Art jenen Künstlerbewegungen,
welche den'Hurnanismus anstreben, zu Gute kommen, ist richtig; diese
Publicationen führen zugleich ein in das Studium der Natur und der
großen Meister.
Ich lasse es ganz unerörtert, aus welchen Gründen es gegenwärtig
außerordentlich schwer sein würde, in Deutschland und in Oesterreich ein
ebenbürtiges Werk herauszugeben, aber anstreben sollte man es jedenfalls.
Am leichtesten würde es gelingen, Vorlagen nach Handzeichnungen und
Gemälden unserer Sammlungen, welche den Bedürfnissen des Zeichen-
unterrichtes entsprechen, herzustellen. In gewisser Beziehung mustergiltig
sind einige Draperiestudien Feuerbach' s, die etwas von dem Zuge großer
Meister an sich haben.
Was Prof. Langl über Einführung vonjiguralen Vorlageblättern für
den Zeichenunterricht gesprochen hat, wird wohl kaum auf Widerspruch
stoßen; anders ist es aber mit seinen Ansichten über die Einführung des
Naturstudiums und der Landsehaftsstudien in den Zeichenunterricht an
Realschulen. Dass Derjenige, welcher beim Zeichenunterricht dem Hnmaa
nismus zusteuert, neben der Antike und den großen Meistern dem Studium
der Natur einen Platz einräumen will, liegt in der Consequenz des huma-
nistischen Principes. Derjenige, der beim Zeichenunterricht dem mensch-
lichen Geiste die Thüre zur Natur öffnen will, muss sich aber wohl den
Zeitpunkt gut überlegen, wann es aus pädagogischem Gesichtspunkte ge-
stattet sein kann, einen Jüngling in das Studium. der Natur einzuführen.
Derselbe muss auch wohl erwägen, ob eine Realschule der Ort ist, diese
Studien zu beginnen. Nach den Erfahrungen, welche man an der Kunst-
gewerbeschule gemacht hat, ist es Thatsache, dass der Zeichenunterricht
in den Realschnlen nicht jene Fertigkeit und Sicherheit im Zeichnen nach
ornamentalen plastischen Vorlagen oder im technischen Zeichnen gewährt,
dass von einem Zeichnen nach der Natur für künstlerische Zwecke in der
Realschule die Rede sein könnte. Die Erfahrungen, die in der genannten
Anstalt gemacht worden, laufen darauf hinaus, dass die Jünglinge, welche
in die Kunstgewerbeschule aufgenommen werden, zum mindesten zwei
Jahre in der Vorbereitungsschule arbeiten müssen, um hinreichend fertig
im Zeichnen zu sein, um zum Studium nach der Natur, sei es in den
Fachschulen oder den allgemeinen Malerschulen der Akademie zugelassen
werden zu können. Es ist dies nicht gesagt, um einen Tadel gegenüber
dem herrschenden Zeichenunterrichte an Realschulen auszusprechen, sondern