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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XV (1880 / 179)

Ein flüchtiger Blick auf die ganze Reihe von Gewerben, die bis zur 
vollkommenen Fertigstellung eines eleganten Wagens, Pferdegeschirres 
oder Reitzeuges in Action treten müssen, scheint mir nicht überflüssig zu 
sein. Der Hauptantheil der Arbeit am Wagen fällt dem Wagner, hie 
und da auch vStellmacherw genannt, zu; er stellt den ganzen Körper, 
die selten vorkommenden eisernen Wägen ausgenommen, her, und besorgt 
so wie der Maurer den Rohbau des Hauses, den Rohbau des Wagens. 
Der Schmied verfertigt die stärkeren und gröberen Eiscnbestandtheile 
oder verbindet sie mit verschiedenen Holztheilen. Hieher gehören allerlei 
Beschläge, Klammern, Bänder, die Radreife, Federn, Achsen, Schmier- 
büchsen, Brems- oder Schleifvorrichtungen u. s. w. Feinere Eisen- und son- 
stige Metalltheile werden von Stahlarbeitern, Feinzeugschmieden, 
Sparern, Gürtlern, Bronzearbeitern und Giessern, Plattirern 
und Spänglern angefertigt; sie liefern allerlei kleinere Beschläge und 
Zierrathen, Schnallen, die Thürklinken, Laternen, Deichselspitzen sammt 
Bügeln, Steigbügel, Gebisse, Kinn- und andere Ketten und dergleichen 
Dinge; Gold- und Silberarbeiter, Drechsler und Bildhauer ver- 
fertigen Griffe und Knäufe von Reitpeitschen und Stöcken. Die Textil- 
industrie ist in höchst mannigfaltigerWeise betheiligt; den verschie- 
denen Zweigen der Weberei obliegt die Herstellung der Sitzüber- 
züge, zu welchen verschiedene Seidenstoffe, Sammt, Plüsch, Tuch und 
verwandte Gewebe (übrigens auch oft Leder) verwendet werden, dann 
der Teppiche, Decken und Kotzen, mannigfacher Bänder und Borten. 
Fransen, Quasten, Rosetten , Schnüre werden vom P 0 s a m e n t i r e r , 
Stickereien, wie Wappen, Embleme, Monogramme und dergleichen - auf 
Satteldecken und Schabraken _ in Seide, Gold und Silber, vom Kunst- 
sticker angefertigt. Der Sattler überzieht gewisse Theile des Wagens 
mit Leder, wie das Dach und den oberen Theil der Seitenwände bei allen 
nicht stabil geschlossenen oder otfenen Wägen, und die Kothflügel; er 
verfertigt die Spritzleder, Peitschenhalfter oder Schuhe. Sättel und Reit- 
zeuge werden meist von eigenen, den venglischenu Sattlern, Pferde- 
geschirre von Riemern, Peitschen, Reitpeitschen und Reitstöcke von 
eigenen Peitschenmachern fabricirt, doch vermischen oder vereinigen 
sich alle diese Gewerbe oft in den Händen eines Unternehmers. Am 
stärksten fällt die Arbeit des Lackirers in die Augen. Wappenmaler, 
Kürschner (mit Pelzdecken und Pelzverbrämungen) , ja gelegentlich 
F e d e r n s c h m ü c k er , bei Schlittengeschirren , finden ebenfalls Be- 
schäftigung, 
Die Production aller dieser zusammenwirkenden Gewerbe an Wägen 
und Geschirren ist in Oesterreich, beziehungsweise in Wien und einigen 
Städten Mährens, noch heute eine sehr namhafte, wenn gleich der Export 
merklich weniger schwungvoll betrieben wird, als vor einigen Decen- 
nien. Die "Wiener Wägenu haben heute in fremden Ländern, nament- 
lich im Oriente, dessen Markt sie ehemals ausschließlich besaßen, nicht
	        
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