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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XV (1880 / 179)

137. 
mehr den exclusiven Anwerth wie früher; die Concurrenz anderer Fabri- 
cationen macht sich höchst fühlbar. Der Grund hievon möchte schwerlich 
in einer großen Preisdifferenz zu Ungunsten unserer Producte zu suchen 
sein, wohl auch nicht darin, dass etwa unsere Wagenindustrie zurück- 
geschritten wäre, was keineswegs der Fall ist, weit eher aber darin, dass 
sie nicht genug rasch und energisch vorgeschritten ist, dass sie sich zwar 
nicht hinsichtlich der Solidität, wohl aber hinsichtlich der Eleganz, und 
was vielleicht noch wichtiger, hinsichtlich der wahren Schönheit über- 
üügeln ließ. Ich nehme hier den Begriü nelegantu als ziemlich identisch 
mit vmodernu an, wovon ich ßschöni- sehr scharf unterschieden wissen 
möchte. Immerhin genießt aber die Wiener Wagenindustrie noch zur 
Stunde einen so hervorragenden Ruf, dass es wohl nicht allzuschwer 
fallen kann, ihn wieder auf seine alte, ganz eminente Höhe zu bringen. 
Und dazu könnte, wie ich fest überzeugt bin, die edlere Schwester der 
prosaischen Industrie, die Kunst, hilfreiche Hand bieten, ganz abgesehen 
davon, dass es auch ohne solche materielle oder wirthschaftliche Rück- 
sichten, für Kunst und Künstler eine würdige Aufgabe ist, eine ganz 
neue Gattung von Producten des Gewerbeileißes zu sich emporzuziehen, 
dieselben gleichsam zu idealisiren. 
Die Wiener Wagen sind meist solid gearbeitet, bequem, für ihre 
speciellen Zwecke wohl geeignet und auch nicht übertrieben theuer; sie 
sind auch eleganter oder moderner Facon, aber einem nur einigermaßen 
besseren Geschmacke vermögen weder die gerade am meisten üblichen 
Formen, noch die Zierrathen, fast niemals die Ueberzüge der Sitze, und 
am allerwenigsten die Farben zu genügen. Leider bin ich weder aus- 
übender Künstler noch Kunsttheoretiker, und daher durchaus nicht im 
Stande auch nur annähernd ein Programm aufzustellen, wie vorgegangen 
werden müsste, um ein künstlerisches Moment in die Wagenfabrication 
zu tragen, allein immerhin will ich versuchen anzudeuten, inwieferne 
dieses meiner Anschauung nach geschehen könnte und sollte. 
Ich bin überzeugt, dass Jeder, der nur einigen Schönheitssinn und 
einige Phantasie besitzt, wenn er einen der landläuiigen eleganten Wagen 
aufmerksam betrachtet, sich denselben schöner geformt, reicher und besser 
verziert, geschmackvoller austapezirt, und in hübscheren Farben vorzustellen 
vermag. Nehmen wir als Beispiel einen bestimmten, allbekannten, überdies 
besonders hässlichen Typus, den sogenannten englischen Kutschirphaäton; 
er gilt unter den ganz leichten, offenen, zum Selbstkutschiren, bestimmten 
Wägen fast allein für uelegant-i; und doch kann man sich schwerlich 
etwas Hässlicheres denken, als den steifen, länglich viereckigen Kasten mit 
den zwei flachen Sitzen und deren winzig niedrigen, aus lackirten oder 
mit schwarzem Lackleder überzogenen Stäben, bestehenden Lehnen. Muss 
denn ein Wagen, welcher dem Luxus, dem Vergnügen des Spazieren- 
fahrens und Lenkens feuriger Rosse dient, in der Zeichnung seines Kastens 
aus lauter horizontalen und verticalen geraden Linien mit scharfen Ecken
	        
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