kam endlich auch chinesisches Porzellan herüber, wurde allgemein bewun-
dert und begehrt, die Majolika gerieth darüber in Ungnade, und als dann
gar im 16. Jahrhundert der Seeweg nach Indien entdeckt, im 17. die
Holländer über Indien in regen Geschäftsverkehr mit China getreten
waren, zählte das chinesische und japanische Porzellan zu ihren einträg-
lichsten Handelswaaren und wurde in enormen Massen und auch zu
enormen Preisen nach Europa gebracht.
Es ist bekannt, dass nach tausendfältigen Versuchen, die man allent-
halben in Europa anstellte, ein so köstliches Geschirr nachzuahmen
und die zoo Jahre lang vergeblich blieben, es endlich im Jahre 1709 dem
Alchymisten Böttger gelang, wirkliches Porzellan zu verfertigen, nachdem
derselbe das dazu nöthige Materiale, den Kaolin (die Porzellanerde) zu
Aue bei Schneeberg im Erzgebirge gefunden. ln Meißen, bei Dresden,
wurde die erste Porzellanfabrik errichtet, die ro Jahre unter Böttgers
Direction arbeitete. Trotz sorgfältigster Ueberwachung, ja militärischen
Cordon's fanden von hier aus die Geheimnisse der Bereitung bald ihren
Weg in alle Welt, zunächst 1720 nach Wien, von da nach Baiern, Preußen,
Russland, Italien, Böhmen, so dass von da an die Entstehung einer Reihe
von Fabriken in geschlossener Folge datirt.
Die Porzellanfabrication nahm enorme Dimensionen an. Die Höfe
nahmen sie unter ihren unmittelbaren Schutz, die meisten Manufacturen
wurden Staatseigenthum und mit bedeutenden Subsidien ausgerüstet. Allen
voran die Staatsmanufactur zu Sevres, die noch heute, unter der franzö-
sischen Republik, eine jährliche Staatssubvention von 375.000 Frcs. be-
zieht. Technik, Kunst und XVissenschaft weihten dem Porzellan ihre
Dienste. Die primitiven Methoden der Formerei der alten Töpferkunst
wichen maschinellen, exact arbeitenden Vorrichtungen, man lernte den
Gyps verwenden, die dünnwandigsten Gefäße erzeugen. Das edle Product
verlangte nach edlem Decor. Die moderne Chemie wurde in Anspruch
genommen, musste die ausgedehnte Farhpalette herstellen, die Vergoldung,
Versilberung erfinden, kurz alle die reichen Mittel schaffen, die dem
Künstler heute bei der Decoration zur Verfügung stehen.
Auch das Porzellan hat heute, wie wir wissen, seine Alleinherrschaft
eingebüßt. Wo es sich namentlich um den decorativen Etfect handelt, um
Herstellung von Luxusstücken von kräftiger decorativer Wirkung, da tritt
heute die indessen hoch entwickelte Fayence in ihr Recht, d. h. all das,
was man außer der Majolika noch so nennt, vor Allem die echte Fayence.
Es ist höchst merkwürdig, dass die Keramik in ihrer Entwicklung
den großen Sprung machen musste von der technisch rohen Majolika zum
ganz exclusiven, complicirtesten, schwierigsten aber auch vollkommensten
Product, dem Porzellan, um bei dem Eifer und Enthusiasmus, mit dem
allerorten das Studium dieses verhimmelten Erzeugnisses, seiner Technik
und namentlich Decoration betrieben wurde, die Erfahrungen zu sammeln