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unter welchen die in Crefeld mit ihrer reichen Ausstattung und ihrer
großen Schülerzahl an Bedeutung und praktischem Nutzen alle österrei-
chischen Webeschulen zusammengenommen übertrifft.
vln Crefeld - heißt es in unserer Denkschrift - bestand seit Jahren
eine höhere Webeschule, deren Leistungen und Ausrüstung völlig un-
genügend waren. Die dortigen Industriellen und die Stadtvertretung er-
kannten, dass die Verbesserung der Anstalt ein dringendes Bedürfniss für
die Crefelder Sammet- und Seidenindustrie sei, um diese in den Stand zu
setzen, dem Wechsel der Mode und des Geschmacks zu folgen und sich
die Fortschritte der concurrirenden Nachbarstaaten auf dem Gebiete der
Technik anzueignen. Die Staatsregierung hat um so mehr geglaubt die
an sie gelangenden Anträge berücksichtigen zu müssen, als der heimischen
Seiden- und Sammetindustrie durch Erhöhung des Zolles auf baumwollene
Garne der Bezug von Materialien erschwert worden ist. Die Anstalt ist
daher im Laufe der letzten beiden Jahre mit Webestühlen und Hilfs-
maschinen neuester Construction, soweit der Platz in den gemietheten
Räumlichkeiten reichte, versehen, und eine große Sammlung von älteren
Stoffen und Stickereien für die Summe von 30.000 Mk. angekauft worden.
Es ist gelungen neue tüchtige Lehrkräfte für diese Anstalt zu gewinnen.
Da die Locale, in welchen dieselbe jetzt untergebracht ist, nur bis zum
Herbste nächsten Jahres verfügbar sind, auch nicht ausreichen um alle
unentbehrlichen Apparate und die sich meldenden Schüler aufzunehmen,
so wird beim Beginn des Frühjahrs ein geräumiges Scbulgebäude in An-
griff genommen werden, für welches die Stadt den Grund und Boden und
zu den auf 450.000 Mark veranschlagten Kosten des Baues 150.000 Mark
hergeben wird. Die neue Anstalt wird 150 Schüler aufnehmen können,
mit einer Färberei, Modelltischlerei und Schlosserei ausgestattet und nicht
blos für Seiden-, Satnrnet- und gemischte Weberei, sondern auch für alle
Zweige der Leinen- und Baumwollenindustrie eingerichtet sein. Wir dürfen
helfen, dass die großen einmaligen und .dauernden Opfer, welche der
Staat und die Stadt Crefeld für die Reorganisation der Anstalt und für
ihre künftige Unterhaltung, die einen Zuschuss von ca. 33.000 Mark jähr-
lich erfordern wird, zu bringen bereit sind, bei weitem werden aufgewogen
werden durch den von ihr gestifteten moralischen, intellectuellen und
industriellen Nutzen. Es soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass in Crefeld
aus Anlass der goldenen Hochzeit ihrer Majestäten ca. 40.000 Mark gesam-
melt worden sind, deren Zinsen zu Stipendien für Webeschüler bestimmt
sindm - Neben dieser Hauptlehranstalt für die Weberbranche sind noch
die Schulen in Mühlheim, Einbeck und Spremberg vorhanden, während
die Regierung nicht geneigt scheint die sehr schwach besuchte Webe-
schule in Grünberg zu erhalten, da die Stadt sich weigert ihren Beitrag
dem wachsenden Bedürfniss entsprechend zu erhöhen. Dagegen existirt
der Plan für die Anlage einer größeren Webeschule in Cottbus.