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suchen. Er constatirte daselbst die enorme Mächtigkeit desselben, das ja
in der That unerschöpflich, bis heute die ganze französische Porzellan-
industrie fast ausschließlich versorgt.
1769 unterbreitete Maquer der Akademie eine Abhandlung und wies
Proben von ihm in Sevres erzeugten Porzellans vor. 1774. war die neue
Fabrication in vollem Gange.
Die Direction der Fabrik überging nach dem Tode des verdienstlichen
Boileau auf Parent, dann auf Regnier, welch' letzterer 1793 seiner Stelle
beraubt und eingekerkert, ein Opfer der Revolution wurde. Weitere Uebel
brachte die schwere Zeit übrigens der Fabrik nicht.
Es ist ein bemerkenswerther Umstand, sagt Brongniart, dass die
Sevres-Manufactur, obwohl eine königliche Anstalt, welche ihrer Privilegien
halber der Privatindustrie verhasst sein musste und die nur Gegenstände
des feinsten, damals verpönten Luxus erzeugte, dass eine solche Anstalt
nicht allein der Auflösung in jener Zeit entgangen, sondern durch die
revolutionäre Regierung sogar unterstützt worden ist. Sie war und blieb
der Stolz der französischen Nation.
Der Wohlfahrtsausschuss bestimmte drei Commissäre zu ihrer
Leitung, ebenso das Directorium, bis 1800 der erste Consul den berühmten
Brongniart zum alleinigen Director der Anstalt bestellte. Brongniart verdankt
die Sevres-Manufactur viel von ihrer glänzenden Stellung als Meisterin,
Musteranstalt, sozusagen als hohe Schule der Keramik, die sie heute
vorstellt.
Brongniart bereiste die Porzellanfabriken von ganz Europa, vervoll-
kommnete die Einrichtungen seiner Anstalt in jeder Beziehung und stellte
die Fabrication auf eine möglichst rationelle, wissenschaftliche Basis, ein
Beginnen, das Sevres solide, unerschütterliche Grundfesten verlieh. Rasch
und üppig ist seither um die Staatsfabrik herum die private Porzellan-
industrie in Frankreich emporgeschossen, aber niemals sind Concurrenz-
klagen oder anderes Gezeter laut geworden - im Gegentheile, Sevres
hat die Führerrolle, es hat die gesamrnte Porzellanindustrie Frankreichs
geschaffen, zur Blüthe gebracht, dessen ist sich die Industrie bewusst.
Nicht etwa, dass die Anstalt die Aufgabe hat, ihre Errungenschaften,
ihre Erfahrungen an's Thor zu nageln, oder auszutrommeln, damit jeder
Landstreicher-Citoyen Theil habe an der Gloire, an dem wmit Staats-
mitteln Erreichtenu, damit jeder Dorftöpfer zur keramischen Koryphäe
werde - ich spreche nicht grundlos solche Ungeheuerlichkeiten aus.
Sevres, das eine jährliche Staatssubvention von 375.000 Francs
genießt, hat die Aufgabe in seiner Fabrication in jeder Beziehung als
Muster zu gelten - ausgenommen selbstverständlich die Finanzfrage. Es
hat dem reinen Studium des Porzellans zu obliegen, Vervollkommnungen,
Neuerungen zu bringen und zu prüfen; sein Personale, auserlesen aus
den tüchtigsten Kräften, großentheils an der Fabrik selbst herangezogen
und vom ersten Zeichner und Modelleur bis zum letzten Dreher jeder