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Fayencemaler, der einer Visierung von fremder Hand bedurft hätte. Sein
Vorbild freilich hatte er sich gewählt, ob überhaupt oder nur mit sicherem
Griffe gerade für diese Aufgabe, das steht dahin: den Andrea del Sarto
in seinen heiligen Familien voll nfrischer, blühender Natürlichkeit: und
mit den wKindern von reizendster Naivetätu. Was Jener dem Leben ent-
lehnt hatte für die kirchliche Malerei, nahm unser Meister zurück für die
Familie, die Madonnen sind wieder l-Iausmütterchen geworden, Johannes
zum älteren Bruder, der erstaunt den neuen Ankömrnling betrachtet. Auch
in den Grotesken lehnt sich der Künstler an Bekanntes an, ohne iu
copiren; dass ihm persönliche Beziehungen als Richtschnur gegeben worden,
scheint der Kranz von Musikinstrumenten um den Deckelrand zu bezeugen.
Und haben wir uns da sattgesehen, so wenden wir uns einem Kruge
aus Milchglas zu, welcher ebenfalls aus dem sechzehnten Jahrhundert,
aber aus Venedig stammen dürfte. Derselbe gehört Herrn v. Lanna und
ist ebenfalls ein prächtiges Beispiel jenes unmittelbaren Einflusses der
Kunst auf das Handwerk. Ein lustiger Zug von allerlei Meergottheiten,
in welchem antike Sarkophagmotive wiedererkannt werden, gezeichnet in
der Manier der frühen venezianischen Holzschnitte und in Schmelzfarben
kräftig colorirt. umzieht den Körper des Gefäßes, den Hals ein eigen-
thümliches Ornament, welches theilweise an das sogenannte venezianische
Email (auf Metall) erinnert. Leider ist unsere Kenntniss von der Geschichte
dieser letzteren Technik noch so gering, dass die Aehnlichkeit für die
Zeitbestimmung nicht viel nützt. Allein wir werden überhaupt in dieser
Ausstellung auf Schritt und Tritt an die Schwierigkeit gemahnt, nach der
Art des Ornaments Werke der Kleinkunst zu datiren. Stücke, welche eine
Jahreszahl tragen, beweisen nicht nur, dass Formen noch lange, nachdem
sie aus der architektonischen Decoration verschwunden waren, im Hand-
werk fortgelebt haben, sondern auch, dass ganze Cornpositionen und
Legenden sich innerhalb mehrerer Menschenalter fast ganz genau wieder-
holen. Ein besonders interessantes Beispiel dafür bieten sogenannteKreußener
Krüge, Nr. 822, datirt 157g; Nr. 14, datirt 1652; Nr. 417, datirt 1653,
sämmtlich mit der gleichen Inschrift, in der gleichen Orthographie. Diese
außerordentlich reich vertretene Specialität führt ihren Namen von dem
Städtchen Kreußen bei Baireuth und der Ortsname selbst, welcher in alten
Urkunden auch Crusen, Kraüsen u. a. geschrieben ist, scheint in Ver-
bindung mit dem Wappen der Stadt, einem Kruge, zu verrathen, dass
die dortigen mächtigen Thonlager von den ältesten Zeiten her zur Krug-
fabrication benützt worden seien. Denn Krus, Kroos,'Krause, Kräuslein
bedeutet einen Deckelkrug. ln dem Organ des baierischen Gewerbemuseums
in Nürnberg wKunst und Gewerbes sind in den Jahren 1877 und 1878
eingehende Untersuchungen über diese Industrie angestellt. Die Documente
reichen nur in die Zeit des dreißigjährigen Krieges zurück, aber, wie sich
schon aus dem Obengesagten ergibt, existiren Arbeiten von höherem Alter:
Krüge und Flaschen mit Bleiverschluss aus braunem Steinzeug und mit