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die Einwirkung der Bindemittel, die in den verschiedenen Malarten dies-
bezüglich von großer Tragweite sind. In der Aquarell-Malerei z. 8., wo
das Bindemittel im Wesentlichen Wasser ist, verdunstet dieses beim Ein-
trocknen der aufgetragenen Farbstoffe, wodurch diese schwinden und ein-
schlagen. In der Frescomalerei, wo man mit Kalkwasser als Bindemittel
auf Luftmörtel malt, wirkt die Kohlensäure der Luft auf den Kalk des
Mörtels und des Kalkwassers so ein, dass der Kalk in kohlensa-uren Kalk
bei Abscheidung von Wasser überführt wird. Dieser ist fest, und die Farb-
stotTe sind darin eingehüllt. In der Stereochromie malt man auf an der
Luft festgewordenem Luftmörtel, welcher mit Wasserglas imprägnirt ist.
Die Farbstolfe werden mit Wasser aufgetragen, das Gemälde nachher aber
ebenfalls mit Wasserglas in Form eines feinen Staubes überzogen; durch
chemische Wechselwirkung geht dann der kohlensaure Kalk des Mürtels
mit dem Wasserglase in die feste Verbindung des kieselssuren Kalkes über,
während gleichzeitig kohlensaures Kali oder Natron entsteht. Durch dieses
Verfahren wird das entstandene Gemälde verkieselt. Die GIas-, Porzellan-
und Emailmalerei beruht irn Wesentlichen auf der Eigenschaft einer Reihe
von Metalloxyden, sich bei der Schmelztemperatur in Silicaten zu lösen
und diesen eine gewiße Färbung zu ertheilen. So färbt z. B. Kobaltoxyd
blau, Chromoxyd grün, Kupferoxydul roth, Uranoxyd gelbgrün u. s. w.
Glas, Porzellan, Email, sind solche Silicate, man bringt auf diese, die mit
dem Flussmittel, einem Gemenge von Borax mit Bleiglas und mit einem
flüchtigen Oele, gewöhnlich Lavendel- oder Terpentinöl als Bindemittel
versehenen Metalloxyde, und brennt sie ein. Hiebei veriiüchtigt sich das
Oel, während die Metalloxyde in das Silicat, als kieselsaure Verbindungen
eintreten. In der Oelmalerei ist das Bindemittel gewöhnlich Lein-, Mohn-
oder Nussöl. Diese Oele sind von sehr hoher Zusammensetzung, bestehend
aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff. Man nennt sie Glyceride,
unter welchen das wichtigste das Linolein ist. Außer diesem findet sich aber
auch das Palmetin, Elain, Laurin und Myristin darin vor, sowie Pflanzen-
eiweiß und Pflanzensohleim, welche überdies noch Stic-kstoif und Schwefel
in Verbindung enthalten. Lässt man diese Oele der Einwirkung des Sauer-
stoffs der Luft ausgesetzt, so zeigen sie die Eigenschaft des Einu-"oekuens
zu einer durchsichtigen, elastischen Masse, in welches, wenn die Oele
als Bindemittel angewendet wurden, die Farbstoffe nach dem Eintrocknen
der Malerfarben meistens vollkommen eingehüllt sind. Während dieses
Eintrocknens gehen durch die Einwirkung des Sauerstoffes der Luft auf"
die Glyceride, Wechselzetsetzungen vor sich, deren Resultat das Auf-
treten einer Reihe von chemischen Verbindungen verursacht: nämlich Ves-
bindungen, bestehend aus Sauerstolf und Wasserstoff, Sauerstoff und
Kohlenstoff und aus Sauerstoff, Kohlenstoff und Wasserstoß, als: Wasser,
Kohlensäure, Ameisensäure, Essigsäure, Propionsäure, Acryl- und Acren-
säure, ja selbst Glycerinsäure, welche allenfalls auf die Farbstoiie und Mal-
mittel chemisch einzuwirken befähigt sind. Für das Auftreten solcher com-
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