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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVI (1881 / 192)

Wenn es nun feststeht, dass das Handelsministerium ungeachtet des Bestandes eines 
solchen Beirathes auf die Anhörung desselben stets verzichtet hat, so hindert mich nichts 
zu glauben. dass, falls statutarisch auf dem Wege der Gesetzgebung der Wirkungskreis 
eines solchen Beirathes festgestellt wurde, das Unterrichtsministerium sicher bereitwilliger 
und in höherem Maße, als dies bis jetzt vom Handelsministerium gesagt werden kann, 
auf die Forderungen und Wünsche der Gewerbetreibenden hören und dieselben berück- 
sichtigen wurde. Ich will damit dem gegenwärtigen Herrn Unterrichtsminister keineswegs 
- und ich sage das ausdrücklich, um nicht missverstanden zu werden - ein Vertrauens- 
voturn entgegenbringen, aber es handelt sich hier nicht um Personen, nicht um das 
herrschende System, nicht um politische Richtungen, sondern um einen Gegenstand, welcher 
aller Politik durchaus fernsteht und welcher mit politischen und staatsrechtlichen Fragen 
nicht in den geringsten Zusammenhang gebracht werden soll und darf. 
Das war es, hohes Haus, was ich sagen wollte. Sie sehen, wie schwach die Einwände 
und Bedenken sind, welche gegen die einheitliche Leitung der gewerblichen Bildungs- 
anstalten durch das Unterrichtsministerium geltend gemacht werden. Man sagt erstens: 
das Handelsministerium hat in Bezug auf das gewerbliche Bildungswesen die Bahn ge- 
brochen. Wir haben gesehen. dass dies nicht der Fall ist. Man sagt zweitens: das 
Handelsministerium würde dem gewerblichen Bildungswesen eine ausgedehnter: Pflege 
widmen, als das Unterrichtsministerium. Auch dafür sind Garantien nicht geboten, und 
man sagt drittens: das Handelsministerium wurde sich mit den Gewerbetreibenden mehr 
in Fuhlung setzen, als das Unterrichtsministerium und die Vergangenheit hat uns bewiesen, 
dass dieser Schluss auf die Zukunft der Berechtigung entbehrt. 
Ich halte also dafür, dass die Einwendungen, welche gegen die einheitliche Leitung 
des gewerblichen Bildungswesens durch das Unterrichtsministerium vorgebracht werden, 
nicht stichhaltig sind, und dass wir die Verpflichtung haben, mit allem Eifer darauf zu 
dringen, dass die einheitliche Leitung sämmtlicher gewerblichen Bildungsanstalten im 
Ressort des Unterrichtsministeriums ehestens bewirkt werde. 
Hierauf sprach Abgeordneter Dr. Mikyaka: Wenn ich der Debatte des Vorjahres 
anlässlich der eben in Rede stehenden Frage und der diesbezüglich gefassten Resolution 
gedenke, so kann ich mich einer gewissen wehmuthvollen Anwandlung nicht erwehren, 
forsche ich nach den Wirkungen und Erfolgen derselben, untersuche ich inwiefern das 
hohe Handelsministerium den geäußerten Intentionen dieses hohen Hauses entsprochen 
hat. - Als Neuling in diesem hohen Hause glaubte ich, dass das Wohlwollen, welches 
von allen Seiten dieses hohen Hauses der Pßege der gewerblichen Fachschulen zugewendet 
wurde, von Seite des Handelsministeriums gewürdigt werde -- und ich knüpfte an die 
gefasste Resolution die freudigsten Hoffnungen für die weitere PHege und das Gedeihen 
dieser handelsministeriellen Institutionen. - Ich gestehe meine Enttäuschung und nehme 
keinen Anstand zu erklären, dass das hohe Handelsministerium der Fliege dieser gewerb- 
lichen Fachbildungsanstalten nicht jene Aufmerksamkeit zuwandte, welche es einerseits 
der wirthschaftlichen Bedeutung derselben, anderseits der Rücksichtnahme und Achtung 
dieses hohen Hauses schuldet, und ich spreche mein tiefstes Bedauern aus, dass eben in 
jenem Ressort, welchem die wirthschaftliche Regelung und Organisirung der Productions- 
ltrafte des Staates in erster Linie obliegt, diesen Schulen nicht jene warme Sympathie, 
jene veratandnissinnige Behandlung zutheil wurde, ohne welche gewiss das Gelingen eines 
so schwierigen Erziehungswerkes, wie es eben die fachgewerbliche Schule ist, mit dem ihm 
zu Grunde liegenden Principe der praktischen Lehrstatte, kaum gedacht werden kann. 
Einen Beleg hiefür finden wir zunächst in dem vorliegenden Budget. Wenn wir 
die Gesammtpositionen per 250.000 fl. mit den Gesammtpositionen des Vorjahres per 
210800 B. vergleichen, so ergibt sich allerdings ein Mehrkostenvoranschlag von 19.200 6.; 
desgleichen bestanden im Jahre 1880 75 gewerbliche Fachbildungsschulen, und finden wir 
für das Jahr t8St 83 verzeichnet. Allein dieser Mehrvoranschlag per 29.200 f]. abzüglich 
der für die neu zu errichtenden Anstalten bestimmten 8255 8.. restlich also per 10.945 B. 
kann ebensowenig geeignet sein, die 75 bereits bestehenden insgesammt nothleidenden 
Schulen von der stetig sich vollziehenden Aushungerung zu bewahren, als es ernstlich 
gemeint sein kann, mit 8255 fl. acht neue Fachschulen, darunter zwei Webeschulen und 
eine Eisenindustrieschule zu errichten und auszustatten. Dem dringendsten Bedürfnisse 
nach endlicher Deiinitivstellung der durch ein nahezu zehnjähriges Provisorium bewahrten 
Lehrkräfte wurde dadurch entsprochen, dass von x73 Lehrkräften a7 zur Deiinitivstellung 
in Aussicht genommen wurden, während 146 heute nach wie vor einer ungewissen Zukunft 
bange ent egensehen. Den Bitten einer stattlichen Reihe von Gemeinden, Corporationen, 
Fachschul reunden, um Errichtung von derartigen Gewerbeanstalten, wurde ungeachtet 
deren opferwilligen Beitragsleistungen und ungeachtet, dass alle Lebensbedingungen amtlich 
constatirt waren, nicht stattgegeben, wie denn auch den Petitionen von mehr als zoo 
Gemeinden des nordöstlichen Mährens, welche im vorigen Jahre gelegentlich der Noth- 
standsdebatte zur Sprache kamen, und weiteren no Petitionen von den verschiedensten 
Gewerbetreibenden des ganzen Staates, welche anlässlich der Revision der Gewerbeordnung
	        
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