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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVI (1881 / 193)

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zu übernehmen. Aber nur eine vollständig organisirte Kunstgewer- 
beschule wie die Kunstgewerbeschule des Oesterr. Museums ist ge- 
eignet, junge Leute für Decorations-Malerei heranzubilden. Denn nur in 
einer vollständigen Kunstgewerbeschule können die verschiedenen Tech- 
niken und Disciplinen gelehrt werden, die das weitverzweigte Gebiet der 
Decorations-Malerei erfordert. Denn die Aufgaben der Decorations-Malerei 
wechseln nach Bedarf. Es kann sich heute um die Decoration eines Wohn- 
gemaches und morgen um einen Schrank oder ein Gefäß oder um eine 
Tapete oder Decke handeln. Zur Lösung dieser verschiedenartigen Auf- 
gaben ist nur jener Künstler berufen, der mit den Kunstprincipien in der 
decorativen Kunst vertraut und in den Techniken der Decorations-Malerei 
unterrichtet ist. Der Kunstjünger soll daher auch insoweitvorientirt sein, 
dass er, wenn eine größere, umfassendere Aufgabe an ihn zur Lösung 
herantritt, weiß, in welcher Richtung er Hilfskräfte zu suchen hat. Die 
Einsicht aber in die Bedingungen einer jeden Decorationsaufgabe setzt eine 
gewisse Vielseitigkeit der Bildung und der technischen Kenntnisse voraus 
und die Pflege dessen, was man mit einem bezeichnenden Worte Geschmack 
nennt. Allerdings ist der Geschmack etwas Subjectives, er kann nicht ge- 
lehrt werden, aber er kann ausgebildet werden, und diese Ausbildung 
oder wenigstens die Grundlage hiezu muss in der Schule gelegt werden. 
Es dürfte aus dem Gesagten klar hervorgehen," dass die Decora- 
tions- Malerei als ein selbstständiger Lehrgegenstand in einer 
Kunstgewerbeschule nicht gelehrt werden kann, wohl aber kann, 
wenn die verschiedenen Disciplinen und die entsprechenden Lehrkräfte für 
dieselben an einer Kunstgewerbeschule vorhanden sind, für Zweierlei ge- 
sorgt werden. Erstens für eine lnstruction für jene Schüler, die sich 
dem Decorationsfache widmen sollen, und zweitens für reichliche Lehr- 
mittel und Vorlagen für Decorations-Malerei. Das Eine ist leicht zu 
erreichen, das Andere außerordentlich schwierig; denn die wirklich muster- 
haften Vorbilder für Decorations-Malerei sind eigentlich nur in Italien zu 
finden, denn auch das Beste, was in deutschen Landen vorhanden ist, ist 
ganz untergeordneter Art gegenüber den großen Musterwerken decora- 
tiver Kunst, die ltalien besitzt. Wo hätte man in Deutschland irgend ein 
Werk, das sich mit dem Cambio in Perugia, der Kirche in Assisi, der 
Libreria in Siena, dem ehemaligen Refectorium in Parma messen könnte? 
Es bleibt daher nichts Anderes übrig, als Studienreisen zu machen, wobei 
die hervorragendsten Schüler mit den Lehrern gemeinsam Studien sammeln, 
die dann eventuell als vorbereitendes Lehrmaterial benützt werden können. 
Aber auch da muss vorausgesetzt werden, dass solche Studienreisen 
jährlich und regelmäßig fortgesetzt werden können, damit auf diese Weise 
der Lehrapparat reich genug wird und nicht ermüdend wirkt und der 
Vielseitigkeit entbehrt. Wie schwierig aber dies zu erreichen ist, erfahrt 
man nicht nur in Wien, sondern auch in Stuttgart und in München. 
Ueberall ist man sich klar, dass Studienreisen ähnlicher Art das richtige
	        
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