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großen Verdienste seit dem Anfange der Sechzigerjahre diese Kunstgewerbesehule sich
um die Hebung des österreichischen Gewerbes erworben hatJ Wir verzichten darauf, die
eingehenden Betrachtungen ttber die Leistungen einzelner österreichischer Kunstgewerbe
zu reproduciren, bemerken nur, dass auf metallurgischem Gebiete die Wiener Schlosser-
arbeiten Milde's und Gillar's, auf keramischem Gebiete die Exposition des Hauses Wahliss,
durch welches Wilhelm Szolnay in Funfkirchen, Karl Knoll u. s. f. zur Ausstellung
gelangte, in der Glasindustrie Bakalowicz, in der textilen Branche die Thieben'schen
Shnwls, die Bollarthkche Ausstellung von Spitzen in altvenetianer Technik, ausgeführt
im böhmischen Erzgebirge, die Applicationsstickereien von Karl Giani etc. besonders
hervorgehoben werden. ln anderen Branchen der Kunstindustrie werden die Firmen
Marschall, Willfort, Merten, die Arbeiten von Zamponi in Graz, die Herren J. Bacher,
C. Lustig, Grßnwald, Braun in Wien u. s. f. genannt. - Die Betrachtungen der -Kol-
nischen Zeitung-w schließen mit den Worten: nWenn wir nun das Facit der österrei-
chischen Collectivausstellung ziehen, so verdient in erster Linie der feine Geschmack
und die rnusterhafte Arbeit an den meist kunstgewerblichen Gegenständen vollste Aner-
kennung. Für uns Deutsche liegt ein äußerst wichtiges Vorbild in gewerblicher Beziehung
darin, dass uns überall der mächtig fordernde Einfluss der kunstgewerblichen Bildungs-
anstalten entgegentritt. Die Hebung und lebhafte Forderung solcher Institute ist eben der
beste und sicherste Weg zur künstlerischen Ausbildung des Gewerbes. Wenngleich die
österreichische Abtheilung in constructiver Technik ganz zurücktritt gegen die deutschen
Gruppen, bezüglich der Geschmacksrichtung der kleineren Gewerbe können wir sehr viel
Lehrreichesin dieser Abtheilung finden, und wir wünschen unserem Verbündeten
Oeaterreich, und insbesondere der Hauptstadt Wien, zu ihrem schonen
Erfolge auf der Frankfurter Ausstellung von Herzen Glück": Auch andere
Frankfurter Organe, vor Allem die nFrankfurter Zeitungn und die wAusstellungs-Zeitunp,
beschäftigen sich mit dem Erfolge Oesterreichs auf kunstgewerblichem Gebiete, alle kommen
zu dem Resultate, dass die Forderung des kunstgewerblichen Unterrichtes in Oesterreich
eine Hauptursache des einheimischen Erfolges ist. Unsere Aufgabe kann nur darin be-
stehen, das Erworbene festzuhalten, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen und die Lücken,
wo solche auftreten, mit offenem Auge wahrzunehmen und mit umsichtiger Hand rasch
auszufüllen. Wo Alles fortschreitet, können und dürfen wir nicht stehen bleiben.
(w. n. z.)
(Knnstgewerbe-Hneeum zu Berlin.) Ueber den Neubau des Kunstgewerbe-
Museums zu Berlin verüffentlicht die nNordd. Allg. Ztg.- einen eingehenden Bericht, den
wir in: Wesentlichen nachstehend zur Kenntniss unserer Leser bringen.
Von dem neuen Kunstgewerbe-Museum sind die Gerüste ringsum entfernt worden,
und das imposante Gebäude erscheint nunmehr in seiner äußeren Gestalt bis auf einige
unwesentliche Details vollständig fertig gestellt. Auf einem schlichten, in Sandsteinqua-
dem ausgeführten Unterbau von mäßiger Hohe erhebt es sich in drei Geschossen, die
sich an der Hauptfront in je sieben, an den Seitenfronten in je acht breiten, dreitheiligen
Fenstern öifnen, als ein mächtiges, fast quadratisches Viereck, aus welchem in der Mitte
der nach Norden gekehrten Hauptfront, auf zwei korinthischen Saulen und zwei Eck-
pilastern ruhend, die Vorhalle des Portals mit der zu ihm emporführenden Freitreppe
und der dem Gebäude vorgelegten Rampe, inmitten der nach Süden gerichteten Hinter-
front aber ein risalitartiger Ausbau hervorspringt.
Ein stattliches, von Consolen getragenes Hauptgesims aus theilweise farbig glasirter
Terracotta schließt den Bau nach oben hin ab, wahrend drei Friese aus gebranntem
Thon von gelblicher Färbung die einzelnen Geschosse von einander sondern und die vor-
herrscbend horizontale Gliederung des Gebäudes nachdrücklich tnarkiren, Gleich den aus
gelblichem Sandstein bestehenden Simsen und Fenstcrumrahmungen heben sie sich in
wohlthuendetn Contrast von dem hellen Rotb der Ziegel ab, mit denen die Faeaden der
beiden Hauptgeschosse verblendet sind. Den farbigen Etfect der Faeaden steigern die
in Eisen gegossenen bronzirten Sphinxbüsten, die im ersten und zweiten Stockwerk den
die Fenster theilenden Pilastern als Capitale dienen, sowie vor Allem die farbigen Glas-
mosaiken auf leuchtendem Goldgrund und die farbig glasirten Thonreliefs, die in dem
obersten Geschoss die Felder zwischen den Fensteroifnungen einnehmen und nur in der
durchweg schlichter behandelten Hinterfront durch schmucklose Ziegelfullungen der Pfeiler
ersetzt werden.
An der Herstellung der reichen decorativen Ausstattung des Gebäudes ist neben
den leitenden Architekten Gropius und Schmieden eine ganze Reihe der treiilichsten
Künstler und kunstgewerblichen Werkstätten betheiligt. Von der Thonwaarenfabrik von
Augustin in Lauban sind die glatten sowohl wie die von dem Bildhauer Behrendt
en relief modellirten Verblendziegel, von Keferstein in Halle für die Nordfront, von
Wimmel in Berlin für die Seitenfacaden die Sandsteinarbeiten mit Einschluss der von
Geyer und Drechsler modellirten ornamental ausgestatteten Theile, der korinthischen