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man irrlinerhin an der originellen Kraft und Frische der Cdnceptiohen, an
der Sicherheit und flötten Wirkdng dieser Werke sich erfreuen könnenn-
Endlich ist noch eine dritte Art der decorativen Füllungen zu er-
wähnen, die Cartouchen, von dem italienischen cartoccio, aus der italieni-
schen in die deutsche Kunst versetzt und da wesentlich bereichert und
erweitert. Entstanden mögen diese häufig sehr interessanten Ornamente
an den Gelegenheitsdecorationen der Italiener sein, wenn diese mit Pap-
pendeckel oder anderem leicht biegsamem Material in Verbindung mit
Stuck und Gyps lustig freie Schilder mit zierlichen Umrahmungen her-
stellten. Diese Cartouchendecoration verdrängte sehr bald die bei den
ltalienern beliebten architektonischen Anlagen und Compositionen mit
decorativen Elementen, und anticipirten in Deutschland ein eigenes Rococo
der Decoration, lange vor dem 18. Jahrhundert. Theils mehr, theils
weniger gelungen setzt sich die Cartoucheform an die Stelle der Structur
und beherrscht in freier und ungezwungener Weise einen großen Theil
der gesarnmfen Decoration.
Vielfach versetzt sich diese Cartouc-he noch mit der vorhin bespro-
chenen Art und verbindet die in der Behandlung allerdings vielfach mehr
an Zimmerrnanns- als an Schlosserarbeit erinnernden ausgeschnittenen
Rollen und aufgewundenen Ecken mit dem neuen Elemente, aber sehr
bald verbindet sie sich mit Figuren und Masken, mit Draperien und
Festons zu jenen "Gebilden, die wir an Jost Amman und Tobias Stimmer
bewundern.
Mit der Cartbuche hört die selbständige Entwickelung und Weiter-
bildung der Arabäske in Deutschland auf. Sie ist der letzte vollkräftige
Ausdruck deutscher Phantasie und künstlerischer Schaffensfreudigkeit voller
Leben und Frische und selbst in jenen Formen, vor denen der strenge
Stilist bedenklich den Kopf schüttelt, wenigstens immer noch von frischer
lebendiger Kraft getragen, von freiem künstlerischem Geist durchweht.
Wie die Schnörkel und Zierbuchstaben der alten Schreibmeister geht sie
vielfach über die gewohnten Gesetze hinaus, aber sie geht darüber hinaus
im Uebermuthe einer wahrhaft künstlerischen Phantasie und von diesem
Gesichtspunkte aus ist sie uns jetzt nicht blos als eine deutsche Kunst-
leistung früherer Zeit, sie ist uns ihrer selbst wegen und des in ihr spru-
delnden frischen Gestaltungsvermögens der alten deutschen Künstler werth
und vorbildlich bedeutend.
(Zeitschrift des Kunstgewerbe-Vereins in München.)