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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XV (1880 / 183)

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ein Institut geschaffen würde, in welchem sie unter Staats-Aegide sich ver- 
einigt fühlen könnten. Es wird sich wohl noch Gelegenheit finden, aus- 
führlicher auf die Details und Ausführungs-Modalitäten von österreichischen 
Staats-Ausstellungen zurückzukommen, aber es scheint uns höchste Zeit, 
dass die Frage der Gemeinsamkeit der geistigen Interessen auf dem Ge- 
biete der Wissenschaft wie auf dem der Kunst erörtert werde. (W. A. Z.) 
R. v. E. 
Zur Hebung der Karlsbader Sprudolstainllnduetrie. 
Der aKarlsbader Anzeigen: vom 10. November enthält einen aus- 
führlichen Artikel über die Sprudelstein-Industrie, denwir in Folgendem 
fast voilinhaltlich reproduciren, bemerken aber, dass gegenwärtig in den 
leitenden Kreisen des Museums die Frage der Hebung der Sprudelstein- 
Industrie eingehend besprochen wird. 
Die Hebung dieses Industriezweiges müsste von Grund aus geschehen und es er- 
scheint vor Allem angezeigt. die Entwicklung desselben von Anfang an zu verfolgen. 
Vorher gehen wir noch eine kurze Beschreibung der Sprudelsreine. 
Man unterscheidet Sprudelsteine, Sprudelerbsen und Sprudelsinter. Die beiden 
erstgenannten eignen sich vermügv ihrer Festigkeit am besten zur Verarbeitung , obwohl 
die Hane eine verschiedene ist, indem die helleren Farben eine größere Festigkeit be- 
sitzen als die dunkleren und sich daher am besten zur Politur und Verarbeitung eignen. 
Die an Kalkerde reicheren Sprudelsteine, welche sich ohne Zutritt der atmosphä- 
rischen Luft bilden, sind Bruchtheile der Sprudelschale und variiren in den Farben, welch' 
letztere fast alle Nuancen aufweisen. Der Querschnitt der Sprudelsteine zeigt denn auch 
verschiedenfarbige, bandartige, gleichmäßig parallele- Streifen. welche den Ringen eines 
quergeschnittenen Holzstammes gleichen und in ihrer Breite variiren. Die Sprudelerbsen 
bestehen aus runden Sintermassen, zeichnen sich ebenfalls durch Farbenreichthum aus und 
kommen in verschiedenen Großen vor, vom feinsten Griesr bis zur Große einer Cocos- 
nuss, wenngleich die letztere Gattung nur selten gefunden wird. 
Von den verschiedenen Arten der Versinterungen haben die künstlichen Incrusti- 
rungen von l-"eld- und Gartenblumen, Thongebilden etc., welche sich an der freien Luft 
bilden, die sogenannten nSprudel-Versteinerungenc, das größte Interesse der Laien erweckt. 
im Jahre 175g übersiedelte ein Steinschleifer, Namens Josef Müller, geb. 1727 
in Liebenau in Böhmen, nach Karlsbad, welcher die hier vorkommenden Sprudelsteine 
zuerst für seine Kunst verwerthete. Die Verwendung war eine ziemlich beschränkte, 
hauptsachlich zu Schmucksachen, wie Medaillons, Brechen, Ohrgehangen etc.; auch zu 
Stocltknopfen, Petschaften u. dgl. ähnlichen Zierrathen wurden Sprlxdelsteine geformt und 
geachliEen, vorzüglich aber waren es Mosuikarbeiten für Chatouillen, Kistchen etc., wozu 
die Verschiedenfarbig und vielseitig geformten Sprudelsteine Verwendung fanden, ohne 
dass diese Arbeiten den Gesetzen der Aesthetik entsprachen. Auf diesem Standpunkte 
blieb die Sprudelsteln-lndustrie viele Deeennien lang stehen. Niemand kümmerte 
sich darum und von keiner Seite geschah etwas, um diesen Industriezweig zu einem 
Kunstgewerbe zu gestalten, wozu noch der Umatand beitrug, dass das Rohmaterial nur 
in beschränktem Maße gewonnen werden konnte. Im 16. Jahrhundert muss dasselbe noch 
in reichlicher Ausbeute vorhanden gewesen sein, doch hat man zu jener Zeit noch nicht 
daran gedacht, dass sich das elganthnmliche Gestein zu edlerem Zwecke benützen lasse. 
Es wurde vielmehr in eigens construirten Kalltofen zu Kalk gebrannt. 
Als der Steinschleifer Josef Müller im Jahre 1759 begann, die Sprudelsteine zu 
schleifen und dieselben systematisch zu ordnen, gab er dadurch den Impuls zu der sich 
seitdem in demselben schmalen Geleise bewegenden Sprudelatein-lndustrie, welche auch 
dadurch, dass sich Männer wie Goethe für dieselbe interessirten (Goethe hatte sogar im 
Jahre 1807 über die Müllefsche Steinsammlung eine Brochure (i) verfasst), in keine künst- 
lerische Bahnen gelenkt wurde. Die Ausbeute an Sprudelsteinen blieb immer eine geringe 
und änderte sich die Sachlage erst im Jahre 1877, als am Marktplatze Gebäude demolirt 
und ein großer Theil der alten Sprudelschale abgebrochen wurde. Es war nun dadurch 
die Möglichkeit geboten, den bereits gänzlich verkotnmenen lndustriezweig wieder aufzu- 
richten, wozu drei Dinge als Mittel erscheinen würden: Zunlchst die Errichtung einer
	        
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