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grosser Gefahr herabgenommen und an deren Stelle das Kreuz und der Doppeladler auf-
gepflanzt, welche daselbst bis zum Jahre 1842 verblieben. Gegenüber der Büste des
Herzogs Karl von Lothringen, des Führers des Entsatzheeres im Jahre 1683, wird in
einem Glaskasten der Kopf des Kara Mustapha aufbewahrt. Hammer hat in seiner Ge-
schichte des osmanischen Reiches die Echtheit dieser Reliquie bezweifelt. ln jüngster
Zeit wurden aber die erhobenen Bedenken von sachkundiger Seite widerlegt.
Weniger glänzend wie das 16. und 17. Jahrhundert ist die neuere Zeit in dem
Waffenmuseum vertreten. Wohl finden sich auch aus dem 18. Jahrhundert fast alle
Specialitaten der BürgerwaiTen; doch den reichsten Schmuck dieser Epoche bilden die
Fahnen und 'Standarten der alten Bürgercompagnien. Erst in der Epoche der grossen
franzosischen Kriege mehren sich in den Denkmalen des Aufgebotes und der Freiwilligen-
Fahnen die Zeugen der aufßammenden Vaterlandsliebe, der Tapferkeit für das auf den
Schlachtfeldern Italiens vergossene Blut und der Dankbarkeit für den genossenen Schutz
zur Zeit der Bedrangnisse während der zwei französischen lnvasionen. Und diese Erin-
nerungen pflanzen sich fort von der Errichtung der Nationalgarde und der akademischen
Legion an bis zur Aufstellung der Wiener Freiwilligen-Bataillone in den Jahren 1848 und
185g, welche den heimatlichen Herd am Mincio vertheidigen halfen.
Schon dieser flüchtige Umriss durfte genügen, einen Einblick in die ungewöhnliche
Bedeutung dieser neu geordneten Sammlung zu gewinnen. Mit Recht können die Bürger
stolz auf ihr Watfenmuseum sein. Denn es wird wenige dieser Art geben, welche sich
mit dem Wiener an historischer und archäologischer Bedeutuug messen konnen. Es gibt
Waifensammlungen, welche weit kostbarere Stücke aufzuweisen vermögen. Aber einen
derartigen Reichthum an bürgerlichen Watfen und Rüstungen, eine solche Mannigfaltigkeit
des Inhaltes gehört zu den grössten Seltenheiten. Dies klargestellt zu haben, ist das her-
vorragendste Verdienst Leitner's. (W. Z.)
Die Umgestaltung der „Alben-titul".
Das l-lerannahen der Weltausstellung hat bei uns so manches, vielleicht bereits
längst empfundene Bedürfniss fühlbarer gemacht, manchen lange schon gehegten Wunsch
rasch zum Entschlusse gezeitigt. insbesondere wurden davon auch die öffentlichen Samm-
lungen Wiens berührt, die ja auf einen vermehrten Zufluss von fremden, zum Theil hohen
Besuchern rechnen mussten. Es galt darum, die Gebäude und Räumlichkeiten nach Mog-
lichkeit in guten Stand zu setzen, denn das geschmückte Haus ehrt nicht blos den Gast,
es ehrt zumeist auch seinen Herrn.
ln erster Reihe nimmt hier das Kupferstich- und Zeicbnungencabinet Sr. k. Hoheit
des durchl. Herrn Erzherzogs Albrecht unsere Aufmerksamkeit in Anspruch, denn dasselbe
hat, wie wir soeben uns zu überzeugen Gelegenheit hatten, eine vollständige Umgestal-
tung erfahren. Wenn diese weltberühmte, in ihrer Art einzige Kunstsammlung bisher mehr
in der Fremde angesehen als in der Heimat gekannt und geschätzt war, so liegt die
Ursache davon nur zum Theil in jenem bis an Selbstverleugnung streifenden Charakter-
zuge, den wir so gerne unsere Bescheidenheit nennen, zum nicht geringen Theile aber
auch an der Umstandlichkeit, welche bis vor Kurzem den Zutritt und die Benutzung der
Sammlung dem Uneingeweihten erschwerte.
Der Laie insbesondere stand rathlos vor den Glaskasten, welche die endlose Reihe
der ehrwürdigen Juchtenbande voll Kupferstichen einerseits, die zahlreichen Mappen der
Handzeichnungen andererseits bargen. Dabei hatte wohl auch die AuHegung der Cartons
und Bande bei zahlreicherem Besuche in dem etwas engen Locale ihr Missliches, so dass
mancher Schaulustige still verzagt wieder umkehrte. Dass bei dieser Manipulation jene
unschätzbaren Kunstblätter, insbesondere Zeichnungen alter Meister, die ohnedies bereits
mehr oder minder schadhaft auf uns gekommen sind, nicht besser wurden, mögen wir
den sorgsamen Conservatoren gerne glauben.
Das ist nun mit einem Male anders geworden, seitdem der hohe Besitzer der
„Albertina" eine bereits früher gehegte Absicht zur That werden liess und den Befehl zu
einer zweckmässigeren Einrichtung der Sammlung ertheilte. Nach monatelangen Versuchen
und Arbeiten ist nun die Umgestaltung so gut wie vollendet. Die alten Raume, welche
eigentlich dem obersten Stockwerke des Augustinerbaues angehören, sind kaum wieder zu
erkennen. Erweitern freilich liess sich der lange Corridor nicht; gleichwohl und trotz der
grosseren Anfüllung etscheint der Raum luftiger und hoher als zuvor.
Auch das Licht aus der Reihe der fünfzehn etwas niedrigen Fenster wirkt ruhiger
und einheitlich durch die gestimmte Farbung der Wande und Schreine, und bei aller
Einfachheit und Anspruchslosigkeit ist die Ausschmückung des Ganzen vornehm und würdig
genug, um die Stimmung, welche die Betrachtung so hoher Meisterwerke hervorruft, nir-
gends zu stören oder herabzustimmen.
Den Mittelpunkt der neuen Aufstellung bilden selbstverständlich die Zeichnungen
alter Meister, an denen die Albertina ja so reich ist. Deren sind, so weit eben der Raum