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zustande mit Rücksicht auf Temperaturcorrectionen, Gasometrie, Zuckerpolarisation,
Bestimmung der specihschen Warme und andere bei chemischen Arbeiten vorkommende
physikalische Operationen. -- 47. Technische Chemie (im x. Halbjahr wöchentlich
2 Stunden, im z. wöchentlich 4 Stunden). Wie im zweiten Curs das Gebiet der anor-
ganischen Chemie nochmals durchgegangen wird, so geschieht dies hier mit dem Gebiete
denorganischen Chemie. Dabei werden diejenigen Fabricationen und Gewerbe, welche
die Kenntniss organischer Stoffe voraussetzen, in besonderen Abschnitten behandelt, so
die landwirthschaftlichen Gewerbe: Essigfabrication, Brauerei, Brennerei, Zuckerfabri-
cation etc., ferner Färberei und Druckerei. Endlich werden die Schüler hier in einem
an geeigneter Stelle eingeschalteten Abschnitte in das Gebiet der theoretischen Chemie
eingeführt. - 48. Praktisch-chemische Arbeiten im Laboratorium (wöchentlich
16 Stunden). Wie im zweiten Curs, nur mit specieller Auswahl der Arbeiten je nach
dem künftigen Beruf der Schüler. - 49. Maschinenzeichnen (im t. Halbjahr
wöchentlich 2 Stunden, im 2. wochenlich 4 Stunden). Fortsetzung des Unterrichts im
zweiten Curs. - 50. Maschinenkunde (im t. Halbjahr wöchentlich 4 Stunden, im 2.
wöchentlich 2 Stunden). Die wichtigsten Maschincnelemente zur Befestigung und zur
Fortpflanzung, Abänderung und Regulirung der Bewegung; die gewöhnlich zur Anwen-
dung kommenden Motoren; die wichtigsten Arbeitsmaschinen mit specieller Rücksicht
auf die Bedürfnisse der chemischen Technik.
Il. Facultativ. 5x. Französische Sprache wöchentlich 2 Stunden). Syntaktische
Uebungen nach Plötz. Lectüre französischer Theaterstücke. Dictate über französische
Literaturgeschichte. Sprechübungen. - 52. Englische Sp rache (wöchentlich 2 Stunden).
Uebersetzung deutscher Aufsatze in das Englische. Lectüre eines classischen Schrift-
stellers. Dictate. Sprechübungen.
Endlich ist den Schülern des dritten Cursus gestattet, nach beliebiger Auswahl
folgende dem Lehrplan der Werkrneisterschule angehörende Unterrichtsfächer zu besuchen:
'Mühlenbau, Spinnerei, Weberei, Rohrenanlage und Brunnenbau, Werk-
zeugsmaschinenbau, Brauereimechanik, Appreturmechanik.
Im Allgemeinen wird man bei Vergleichung des bevorstehenden Lehrplans mit
anderen finden, dass die Chemnitzer Höhere Gewerbschule nicht mehr, wie sonst Ge-
werbschulen, selbst einen elementaren Vorbereitungscurs hat, dagegen mit ihrem dritten
Curs in das Gebiet der polytechnisehen Schulen übergreift, ohne deshalb den Charakter
einer Schule im Gegensatze zu einer Akademie mit Hörfreiheit aufzugeben. Desgleichen
ergibt sich, dass die Anstalt zwar wesentlich technische Fachschule auf wissenschaft-
lichem Grunde ist, zugleich aber mehrfach allgemein bildende Disciplinen einschliesst, so
dass die Zöglinge eben den Schatz von Schulkenntnissen mit ins Leben hinausnehmen,
der für einen hoher gebildeten Fabrikanten wünschenswerth erscheint.
Den Unterricht ertheilen mit Einschluss von drei Assistenten neunzehn Lehrer.
von denen acbt das Prädicat als Professor führen. Die Lehrer sind grossentheils auch
an der Werkmeisterschule und an der Baugewerkenschule beschäftigt.
Mit der Höhern Gewerbschule zunächst verbunden ist noch die Gewerbzeichenschule,
an welcher Abends Unterricht im Freihandzeichnen, im geometrischen Zeichnen, sowie
im Combiniren und Entwerfen kunstgewerblicher Zeichnungen ertheilt wird. Diese
Schule wird von iungen Gcwerbtreibenden der verschiedensten Branchen besucht. Die
Gesarnmtfrequenz betrug im Schuljahre 1871-72 x23.
Die Gesammtfrequcnz der Hdhern Gewerbschule betrug im vorigen Schuljahre m7.
II. Die Werkmßistersohule.
Während die Höhere Gewerbschule darauf ausgeht, den künftigen Gewerbtreibenden
eine wissenschaftliche Grundlage zu geben, beschränkt sich die Werkmeisterschule darauf,
jungen Leuten aus dem praktischen Gewerbleben, welche eine höhere Schule nicht be-
sucht haben, Gelegenheit zur Erlangung einer ihren Bedürfnissen entsprechenden theore-
tischen Ausbildung darzubieten. Der ganze Lehrcursus umfasst drei Curse mit je halb-
jähriger Unterrichtsdauer, nimmt also nur anderthalb Jahr in Anspruch, wobei allerdings
zu beachten ist, dass sehr viele Schüler erst nach zweimaliger Absnlvirung des ersten
Curses in den zweiten versetzt werden kennen, so dass sie zwei Jahre zum Besuche der
Schule brauchen.
Als wissenschaftliche Basis wird nur der Unterricht einer bessern Volks-
schule vorausgesetzt; daneben wird aber verlangt, dass die Aufzunehmenden mindestens
zwei Jahre lang in ihrem Berufe praktisch gearbeitet haben.
Nach dem Berufe der Schüler zerfallt der Unterricht in zwei Abtheilungen, eine
Abtheilung für Mechaniker (Maschinenenbauer, Mühlenbaucr, Brunnenbauer, Spinner,
Weber etc.) und eine Abtheilung für Chemiker (Droguisten, Färber, Bleicher,
Brauer, Seifensieder, Gerber etc.). Der Unterricht dieser beiden Abtheilungen ist ein
völlig gesonderter; nur in einigen allgemeinen Disciplinen, wie Freihandzeicbnen, deutscher
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