stücken bis zum Wehrgehenk herab") mit der Schrift zu zieren, sondern
es machte derselben auch alle nur denkbaren Objecte des Hausrathes, ja
das Haus selbst, dienstbar. Damit vollzog sich aber der Uebergang zu
neuen mannigfachen Formbildungen: es entwickelte sich der Lapidar-
duetus in einer Weise, wie ihn solcher Art kein anderes Volk und kein
Land der Erde aufzuweisen im Stande ist. Man darf jedoch nicht glauben,
dass das arabische Lapidare eigenmächtig sich entwickelt hat. Seine Aus-
bildung schritt gleichmässig mit jener der Cursivschrift vor und gerade
die genaue Verfolgung dieses Schriftparallelismus ist es, welche uns oft
allein nur die unübersteiglichen Hindernisse in der Entzifferung schwie-
riger Texte bannen _hilft 7).
Wir haben somit, wenn auch nur in fiüchtigsten Umrissen, die
Stellung und Bedeutung der arabischen Schrift im Mittelalter gekenn-
zeichnet. Für uns selbst springt ihre Wichtigkeit und Beziehung zu den
eingangs erwähnten Zwecken sofort in die Augen. Man wird nämlich
selten ein Ueberbleibsel sarazenischer Kunst oder Industrie finden, das
nicht beschrieben wäre oder doch Merkmale bcsässe, die mit der Schrift-
entwicklung in Verbindung stünden. Fehlen nun sonst, und das ist ja
leider zumeist der Fall, anderweitige Kriterien, so wird hier die Palaeo-
graphie, die freilich langjährige und mühevolle Vorstudien bedingt, bei
der Bestimmung helfend eintreten müssen.
Ist der Weg der inscriptionelien Forschung einmal betreten, so
unterliegt es keinem Zweifel, dass auch die historische Kritik nutzbar
herangezogen werden kann. Gerade in dieser letzteren Beziehung sind
wir durch die Quellen bestens unterstützt: die orientalische, insbesondere
arabische Literatur ist hiefür eine unerschöpfliche Fundgrube. Allerdings
finden sich die bezughaften Notizen meist nur zerstreut in Büchern ver-
schiedensten Inhalts, oft in einer Fassung, aus der blos ein Fachmann
über ihre Wichtigkeit oder Belanglosigkeit sofort zu entscheiden vermag,
wenn er ja Muth und Ausdauer genug besitzt, bei der Lectüre den
ganzen übrigen Wulst unnützen Ballastes mit in den Kauf zu nehmen.
Inwieferne nun die Verwerthung solch' literarischer Hilfsmittel positiv oder
negativ nützlich werden kann, d. h. reale Anhaltspunkte zu liefern ver-
mag oder zu Rückschlüssen berechtige, möge an einem Beispiele gezeigt
werden. Ich entnehme es dem textilen Gebiete.
Bei den verschiedensten muhammedanischen Historikern, auch bei
vielen Geographen, welche uns über die Stapelplätze der orientalischen
Industrie mehr oder minder ausführlich berichten, treffen wir auf den
Hinweis, dass eines der wichtigsten Souverainetätsrechte des lsläm's in
I) Ikd el-farid, Handschr. der k. k. Hofbibliothek in Wien, Mxt. 31g, Band II,
Blatt 274m
") Belege dafür s. in meinen Bein. zur Geschichte der Mazjaditen, pag. 49 E.
und Taf. III.