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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe X (1875 / 114)

stücken bis zum Wehrgehenk herab") mit der Schrift zu zieren, sondern 
es machte derselben auch alle nur denkbaren Objecte des Hausrathes, ja 
das Haus selbst, dienstbar. Damit vollzog sich aber der Uebergang zu 
neuen mannigfachen Formbildungen: es entwickelte sich der Lapidar- 
duetus in einer Weise, wie ihn solcher Art kein anderes Volk und kein 
Land der Erde aufzuweisen im Stande ist. Man darf jedoch nicht glauben, 
dass das arabische Lapidare eigenmächtig sich entwickelt hat. Seine Aus- 
bildung schritt gleichmässig mit jener der Cursivschrift vor und gerade 
die genaue Verfolgung dieses Schriftparallelismus ist es, welche uns oft 
allein nur die unübersteiglichen Hindernisse in der Entzifferung schwie- 
riger Texte bannen _hilft 7). 
Wir haben somit, wenn auch nur in fiüchtigsten Umrissen, die 
Stellung und Bedeutung der arabischen Schrift im Mittelalter gekenn- 
zeichnet. Für uns selbst springt ihre Wichtigkeit und Beziehung zu den 
eingangs erwähnten Zwecken sofort in die Augen. Man wird nämlich 
selten ein Ueberbleibsel sarazenischer Kunst oder Industrie finden, das 
nicht beschrieben wäre oder doch Merkmale bcsässe, die mit der Schrift- 
entwicklung in Verbindung stünden. Fehlen nun sonst, und das ist ja 
leider zumeist der Fall, anderweitige Kriterien, so wird hier die Palaeo- 
graphie, die freilich langjährige und mühevolle Vorstudien bedingt, bei 
der Bestimmung helfend eintreten müssen. 
Ist der Weg der inscriptionelien Forschung einmal betreten, so 
unterliegt es keinem Zweifel, dass auch die historische Kritik nutzbar 
herangezogen werden kann. Gerade in dieser letzteren Beziehung sind 
wir durch die Quellen bestens unterstützt: die orientalische, insbesondere 
arabische Literatur ist hiefür eine unerschöpfliche Fundgrube. Allerdings 
finden sich die bezughaften Notizen meist nur zerstreut in Büchern ver- 
schiedensten Inhalts, oft in einer Fassung, aus der blos ein Fachmann 
über ihre Wichtigkeit oder Belanglosigkeit sofort zu entscheiden vermag, 
wenn er ja Muth und Ausdauer genug besitzt, bei der Lectüre den 
ganzen übrigen Wulst unnützen Ballastes mit in den Kauf zu nehmen. 
Inwieferne nun die Verwerthung solch' literarischer Hilfsmittel positiv oder 
negativ nützlich werden kann, d. h. reale Anhaltspunkte zu liefern ver- 
mag oder zu Rückschlüssen berechtige, möge an einem Beispiele gezeigt 
werden. Ich entnehme es dem textilen Gebiete. 
Bei den verschiedensten muhammedanischen Historikern, auch bei 
vielen Geographen, welche uns über die Stapelplätze der orientalischen 
Industrie mehr oder minder ausführlich berichten, treffen wir auf den 
Hinweis, dass eines der wichtigsten Souverainetätsrechte des lsläm's in 
I) Ikd el-farid, Handschr. der k. k. Hofbibliothek in Wien, Mxt. 31g, Band II, 
Blatt 274m 
") Belege dafür s. in meinen Bein. zur Geschichte der Mazjaditen, pag. 49 E. 
und Taf. III.
	        
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