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der Inschriftenverbrämung der Kleider oder der in ärarischen
Manufacturen erzeugten Gewebe bestand s). Der arabische Ausdruck
Thiräz gibt den lnbegriif dieser Prärogative 9). Diese geschichtliche, von
mir bereits durch Originale belegte Thatsache 1") ist für 'alle künftigen
Untersuchungen von entscheidender Wichtigkeit: denn sie fordert, soll
sie an Originalen erwiesen werden, eine unter ganz bestimmten Gesetzen,
also dem Texte nach conventionell, der Form nach ternporell, ausgeführte
Schriftverbrämung. Irrthümlich wäre indess zu glauben, dass derlei
ärarische Gewebe, dem genannten Hoheitsrechte entsprechend, gegenüber
den unter einander concurrirenden Privaterzeugnissen ausschliessend die
Repräsentanten einer bordirten Hofetikette gewesen. Mit nichten. Sie
drückten nur der jeweiligen Zeitepoche die officielle Signatur auf, welcher
auch die private Textilindustrie in ähnlicher Weise nachzukommen sich
bestrebte 1').
Entgegen den solchermassen aus einem erweiterten Kreise palaeogra-
phisch-historischer Forschung sich eröifnenden Gesichtspunkten, erscheint
nun die beschränkte Möglichkeit, hie und da auch imitirten Geweben
sarazerrischer Fabrik zu begegnen, nur nebensächlich, da, wenigstens
die Zeitepoche hiebei so ziemlich invariabel bleiben dürfte. Dass übrigens
derlei Fälle immerhin möglich seien, ersehen wir gleichfalls aus den
Quellen. El-Istachri, ein Geograph des X. Jahrhunderts berichtet beispiels-
weise, dass die in Basinnä, einem Orte Chuzistän's angefertigten und
von hier aus weithin verführten Schleier oder Vorhänge (sutür) mit der
') Ibn Chaldün, 1. c. Bd. l, p. 22: f.
') Doch darf die Bemerkung nicht unterdrückt werden, dass nuch den Weziren,
Emiren, hohen Staatsbeamten oder ausgezeichneten Männern die Nennung im Thiräz der
ihnen verliehenen Ehrenkleider zugestanden wurde. So erzählt der berühmteste aller spa-
teren Wezire, Nizäm el-Mulk, selber (bei Mirchond, Hist. Seldsch. ed. Vullers, p. 141
des persischen Textes): wDarauf brachte man für alle Gelehrte und Grossen Ehrenkleider
aus dem Pnlnste des Chalifen, unter denen sich das meinige durch folgendes in dasselbe
hineingewebte Thiräz suszeichnete: lm Namen des weisen, des gerechten We-
zirs Nizäin el-Mulk, des Lieblings des Fürsten der Gläubigen. So lange der
Isläm besteht ist noch kein Wezir rnit dem Fürsten der Gläubigen in solchen Zusammen-
hang gebracht wnrdenm - Diese letzte Bemerkung der erzählten Begebenheit, welche
sich m86 n. Chr. in Bagdäd zugetragen hat. bezieht sich darauf, dass sonst nur Herrscher
von dem Cbalifen mit ähnlichen Titeln geehrt zu werden püeglen; wie z. B. der Herr
des genannten Wezir's, der seldschukische Sultän Melikschäh, der sich -Vertrauter des
Fürsten der Gläubigen-x nennen durfte. Vullers hat die obige Stelle des persischen
Textes missverstanden und in seiner Uebersetzung (pag, 125) den Nizäm el-Mulk selber
sogar zum rFürsten der Gläubigen-i avanciren lassen.
") Vgl. meine Abhandlung über die liturg. Gewänder etc., p. u.
") Darurn sagt der Erzbischof Rodericus Ximenez von Toledo, welcher im
Xlll. Jhdt. augenscheinlich nach arabischen Quellen sein Historie Arabum verfasste,
im XLVII. Cap. derselben, wo er über die spanischen Wirren nach dem mysteriösen
Verschwinden des Chalifen Hischäm spricht, mit Recht: wCordubenses autem cum regem
alium non haberent, Monetae, pannorum, et gramatum literas sub lsen (Hischäm)
nomine eonscribebantu-