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Nr. 2
INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
verständige heranzuziehen; da die Bilder aber bisher unbekannt
gewesen seien, habe man eine Ausnahme gemacht. Der Direk
tor erklärte noch, daß die Bilder, wenn die National Galery
sie nicht um 14.000 Pfund gekauft hätte, zu einem weit höhe
ren Preis nach Amerika gegangen wären.
Ueber die Herkunft der Gemälde wird aus Mailand
gemeldet, daß sie aus dem Besitz einer alten venezianischen Fa-
milie stammen und von einem der Erben an den Kunsthändler
Podio in Venedig verkauft wurden, der sie der Wiener Kunst
firma Neumann & Salzer um 4000 Lire (nicht ganz 40
Pfund) überließ. In jenem Zeitpunkte stand es noch keineswegs
fest, daß es sich um Originale handle. Die Bilder wurden
auf dem gewöhnlichen Wege - per Eisenbahn, nicht im
Luftschiff — nach Wien gebracht, wo sie einem Restaurator
übergeben wurden. Erst seine Arbeit brachte die verborgenen
Schönheiten der Bilder zutn Vorschein und nun wurde durch
den Londoner Kunsthändler L a r s e n das Offert an die Na
tional Galery gestellt. Die Verhandlungen zolen sich lange hin, 1 ,
bis die von" der National Galery berufenen Sachverständigen
die Bilder zum Ankauf empfahlen.
Die „Frankfurter Zeitung", die sich, wie viele andere reichs-
deutsche Blätter, eingehend mit der Sache befaßt, knüpft daran
folgende interessante Bemerkungen:
„Dies ist eines der vielen Beispiele von Preissteigerungen,
wie sie dem Kunsthandel eigentümlich sind. Hat ein Bild noch
keinen Namen, geht es etwa unter der Bezeichnung „Venezia
nisch um 1500", wie vermutlich in diesem Falle, so mag die
Qualität noch so bedeutend und spürbar sein, — es bleibt
dann doch bei den durchschnittlichen Preisen für mittleres
Kunstgut, welches die Kunsthändler gern mit Prädikaten wie
„einwandfrei und sehr dekorativ" belegen. Erst wenn ein ein
flußreicher Kenner solche Werke mit dem Namen eines gro
ßen Meisters verbinden kann, schnellen die Preise in ungeahnte 1
Höhe. So sehr dies aber Ausnahmen und ungewöhnliche Falls
sind, werden sie doch vom Kunstmarkt als angemessen hinge
nommen. Denn meist ist der Kunsthandel in irgendeiner Weise
noch mit daran beteiligt. Anders ward die Situation erst dann
eingeschätzt, wenn die Wertsteigerung nicht im Marktgang
selbst sich ergibt, sondern später, etwa zu einem Zeitpunkt,
da das vordem verkannte Kunstwerk in festen Besitz, sei cs
einer privaten oder öffentlichen Stelle, übergegangen ist. Dann
kann sich die Preissteigerung, wenigstens fürs erste, nicht
mehr in faktischem Geldwert, also auf dem Markt bemerkbar
machen.
Nicht selten glauben die Vorbesitzer, an einer Wertsteige
rung, die sich im Preise nicht mehr ausdrückt, eher eine un
gebührliche, gar hinterhältige Seite finden zu müssen. Um so
mehr aber ist es verständlich, daß diejenigen, die ein solches
Kunstwerk nach allen guten Regeln des Kaufs erworben haben,
sich gegen solche nachträgliche Einwürfe und Unterstellungen
zur Wehr setzen. Denn der Verkäufer war doch zufrieden,
und das künstlerische Niveau der einzige Maßstab, den
der Händler und seine Einsicht beachtet wissen wollte war!
angemessen entgolten. Was nachher „hinzukam", war irr
der Regel die Leistung des Gelehrten, obwohl deren Voraus
setzung gewiß auch im Kunstwerk selbst auf verborgene Weise
enthalten war. Wie dem auch sei: die Entdeckung eines
großen Namens —- nicht anders als die eines unerkannten, ir
gendwo vergrabenen Kunstwerkes überhaupt wird b e -
zahlt. Wenn es aus tatsächlichen Umständen heraus zu einer
solchen Zahlung nicht mehr kommt, ändert das nichts an dem
Umstand, daß Aussicht und Hoffnung auf solche Wertsteige
rung zum typischen Risiko des Kunsthandels überhaupt ge
hört und daß es endlich auch viele Formen der Risikoprämie
gibt, mit denen der Markt -- wenigstens in gewissem Umfange
—- diesem Umstand Rechnung trägt."
Wie die Kunstfälscher arbeiten.
Von Mengs bis zu Courbet und Leibi.
Von Adolph Donath, Prag.
(Schluß.)-'
Die Fälschungsr.iech.e r ei ist gerade in
jüngster Zeit etwas allzu lebhaft geworden. Man hörte
den „Verdacht" gegenüber Werken der alten und
neuen Kunst bisweilen von „.Herrschaften“ ausspre
chen, die ziemlich ahnungslos sind, d. h. irgendwo
Kunst „gehört" haben mögen, aber sonst kein Gefühl
für die Materie besitzen. Schließlich trägt aber die
langjährige Erfahrung dazu bei, das „Gute“ vom
„Schlechten", das „Echte“ vom Falschen" unter
scheiden zu können. In der Courbet-Affäre des Züri
cher Kunsthauses tat der Vorstand der Züricher Kunst
gesellschaft, unter deren Protektorat das von Wart
mann vorbildlich geleitete Museum (Kunstbaus) steht,
das einzig richtige, daß er nämlich sofort die Erklä
rung versandte, die auf Tatsachen beruhte. Da sie auch
mir zugegangen ist, kann ich mitteilen, daß „neun
von diesen Bildern in Ausstellungen in Paris, Berlin,
Basel figuriert haben, ohne daß ihre Echtheit öffent
lich in Frage gestellt worden wäre, neun sind außer
dem in Veröffentlichungen über Courbet, sowohl des
letzten Biographen Courbets Charles Leger, wie an
derer Autoren als unbezweifelt echte Werke des Mei
sters reproduziert worden, drei weitere sind in Pari
ser Auktionen unter Echtheitsgarantie von Pariser
amtlichen Experten versteigert worden." Und was
das „als sehr zweifelhaft" bezeichnete Bild, Katalog
Nr. 83 (es handelte sich um das Bild „Felsenquedle
- Grottes de la Loue“, um 1865), anlangt, ist es,
nach Erklärung des heutigen Eigentümers am 2. Juli
1929 in der Galerie Georges Petit durch Vermittlung
des Pariser Experten Andre Schoeller um den Preis
von 70.000 Frs. erworben worden. Selbstverständlich
gab die Zürcher Kunstgesellschaft auch Dr. Wart-
mann die Ehrenerklärung ab, daß er die Courbet-Aus-
*) Siehe Nr. 1 der „Internationalen Sammler-Zeitung" vom
1. Jänner .1938.
Stellung, „mit der Gewissenhaftigkeit“ vorbereitet habe,
„die wir an ihm von jeher und in jeder Hinsicht hoch
schätzen“.
Von Courbet, dem großen Franzosen, führt der
direkte Weg zu Leibi, dem großen Deutschen. Der
Kölner Wilhelm Leibi‘war 23 Jahre alt, als er Cour
bet kennenlernte, der die Fünfzig erreichte. Der Fran
zose hatte gerade die Ernennung zum Ritter der Ehren
legion abgelehnt. „Ich ehre mich“, schrieb er dein
Minister der Schönen Künste, „dadurch, daß ich den
Grundsätzen meines ganzen Lebens treu blieb; wenn
ich sie aufgäbe, würde ich die führe aufgeben, um
des äußeren Scheines willen." Er sei immer sein eige
ner Herr gewesen. „Lassen Sie mich mein Leben als
ein Freier beschließen; wenn ich tot bin, soll man
von mir sagen: er hat keiner Schule, keiner Kirche,
keiner Richtung, keiner Akademie, besonders keinem
System .angehört, nur dem der Freiheit."
Das aber, was Courbet in seiner Malerei gewollt
hat. alles auf Erden so plastisch zu malen, wie es ist
und atmet und fühlt, den Arbeiter, den Bauer, den
Jäger, das Wild, die Wildschützen, die Bäuerin,
das Bauernmädel, den Künstler, den Bürger, das hat
auch Leibi getan, und der Deutsche schien glücklich,
als der Franzose zu Ihm ins Atelier seine Freunde
brachte, indem er das Wort wiederholte: „Restez ici."
Der große Maler hatte, wie der Leibi-Biograph Emil
Waldmann meint, „den großen Maler instinktiv er
kannt." Lind Waldmann betont auch mit Recht, daß
„Leibis Ruhm nicht in Deutschland, sondern in Paris
entstanden ist.“ Als 1929 die Preußische Akademie
der Künste in Berlin zusammen mit der Galerie Mat-
thiesen die große Leibi-Ausstellung machte, sagte
der Präsident der Akademie Max Li eber mann :
„Leibi malte, wie sein Stolz und sein Selbstbewußt
sein ihm zu malen geboten. Nicht: um den Beifall der