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einer Weise, welche keineswegs zu Gunsten des künstlerischen Verständ-
nisses seines Verfertigers spricht. Solches tritt besonders am obersten
Theile des Deckels und wohl auch am Fusse deutlich hervor. Auch die
meisten Detailformen, die Ornamente auf den einzelnen Gliederungen,
sind von W. Jamitzer und zwar nicht nur Copien nach seinen Entwürfen,
sondern sorgfältig ciselirte Abgüsse nach seinen ausgeführten Arbeiten.
Der Verfertiger hat offenbar die Modelle aus Jamitzefs Werkstatt, in
welcher er vielleicht gearbeitet hatte, sich verschafft und dieselben dann
mit grosser technischer Vollendung nachgebildet. Da alle diese Ornamente
am nLandschadenbundu durchaus richtig angewendet und zusammen-
gestellt sind - sie sind zum Theil so beschaffen, dass sie für andere Ab-
messungen nicht brauchbar sind - muss Jamitzer selbst einen ähnlichen
Pocal oder auch eine Schüssel gefertigt haben, dafür diese Ornamente
ursprünglich entworfen, modellirt und gegossen wurden. Diese Original-
Gefässe von der Hand des W. Jamitzer sind mir bis jetzt nicht bekannt
geworden, sind vielleicht auch nicht mehr vorhanden").
Zu diesen JamitzeHschen Formen hat der Augsburger Meister nun
aber noch einige andere Formen hinzugefügt - ob er sie selbst gefertigt
oder sie von einem anderen Meister entlehnt, ist nach dem Obigen zweifel-
haft - welche zu den ersteren sehr wenig stimmen. Dazu gehören be-
sonders der aus drei f-igurenreichen Reliefs - Scenen aus der biblischen
Geschichte - zwischen Karyatiden zusammengesetzte Fries an der Kuppe
des Pocals, die sehr schlecht modellirte Figur auf der Spitze - Abun-
dantia mit Füllhorn und Schild - die drei glatten Streifen mit Email-
malerei in ganz anderem Styl, die gedrehten Schnüre von sehr groben
Formen und Anderes. '
Uebrigens steht diese Benutzung von W. Jamitzefs Modellen durch
andere Goldschmiede keineswegs vereinzelt da. In der Schatzkammer zu
Stuttgart befindet sich ein von einem Nürnberger Goldschmiede gearbei-
tetes Schmuckkästchen (abgebildet im nKunsthandwerku, Bd. I, Taf. zo),
welches neben anderen, von Jamitzer zuerst angewendeten Ornamenten
mit einem Triglyphen-Friese geziert ist, der in gleicher Weise an einem
ähnlichen Kästchen von W. Jamitzer in der Kunstkammer zu Berlin und
auch an dem oben erwähnten Berliner Pocale sich findet.
') Da es mir auffallend ist, dass diese für bestimmte Rundungen componirten, zum
Theil sehr reichen Ornamente so gut zusammenpassen, will ich den Gedanken nicht ganz
abweisen, dass der ganze Pocal bei W. Jamitzer bestellt und zum grossen Theil in seinem 1
Atelier gefertigt, nach seinem im Jahre 1586 erfolgten Tode aber von dem Augsburger
Meister vollendet wurde, der dann einige -Verbesserungen- nach seiner Art angebracht
hat. Solche Fälle kommen in der Architekturgeschichte bekanntlieh unendlich oft vor.
Gegen diese Ansicht spricht freilich die Thatsache, dass Wenzel Jamitzefs Bruder und
Mitarbeiter Albrecht, der WenzePs Atelier ohne Zweifel fortgeführt hat, erst im Jahre
1590 starb und dass Albrechts Sohn Christoph (1- 16x8) ebenfalls Goldschmied war.