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Musetain für Kunst und Industrie in Wien höchst wünschenswerth und sind die darauf
abzielenden Verhandlungen bereits zum Abschlusse gediehen. Hiemit tritt jedoch auch
die Nothwendigkeit ein, dass der Versuchsanstalt durch deren definitive Organisirung der
Charakter der Stabilität verliehen werde. ,
Zur Errichtung eines technischen Gewerbemuseums in Wien sind
100.000 B. in das Budget des I-Iandelsministeriums aufgenommen worden. In den Erlau-
terungen zum Voranschlag: des Handelsministeriums wird diese Forderung folgender-
massen IDOÜViNI
wSchon seit dem Beginne der erhühten Thätigkeit des Handelsministeriums zur
Hebung der gewerblichen Fachbildung hat sich das dringende Bedürfnis: nach einem
technischen Gewerbemuseum in Wien als der Centralanstalt für alle gewerblichen Fort-
schrittsbestrebungen in technischer Richtung herausgestellt.
Dieses Bedürfniss musste um so empfindlicher fühlbar werden, als in kuns1gewerb-
licher Richtung von Seite des lt. k. Oesterr. Museums für Kunst und Industrie mit wahr-
haft glänzenden Resultaten die Forderung der Industrie und insbesondere auch des gewerb-
lichen Fachunternichtes bereits seit einem Decennium in Angriff genommen worden war.
In letzterer Zeit entstanden mehrere Provinzmuseen, so z. B. jene zu Reichenberg,
Brunn, Olmtttz, Krakau, Lemberg, die Gewerbshalle zu Klagenfurt, und ist eine noch
grossere Anzahl solcher Anstalten an verschiedenen Orten in der Entstehung begrilfen.
Diese Museen haben die Piie e und Unterstützun sowohl der kunstgewerblichen
als auch der technischen Richtung er Industrie zur Au gabe.
Auch diesen Anstalten mangelt das Centralorgan in technischer Hinsicht.
Geradezu unabweislich ist jedoch das Bedürfniss des gewerblichen Fachuntcrrichtes
nach einem solchen Organe. .
Abgesehen von den Fachschulen technischer Richtung, wie in den mechanischen
Lehrwerkstätten, Uhrenindustrie-, Schuhmacher, Weber- und anderen Fachschulen, er-
scheint für die Fachschulen der kunstgcwerblichen Kategorie, wie die Holzschnitb,
Tischler-, Drechslen, Thon-, Porcellan- und Glasindustrie-Schulen u. s. f., die Pflege
der technischen Seite ihrer Aufgaben gleich wichtig wie jener der kunstgewerblichen.
Das Ausland ist mit der Errichtung technischer Gewerhemuseen schon vor langer
Zeit Oesterreich vorausgeschritten.
Aber auch in Oesterreich wurde der Gedanke der Errichtung eines technischen
Gewerbemuseums schon im Anfange dieses Jahrhunderts, insbesondere aber bei Errich-
tung des am 3. November 1815 eröffneten polytechnischen Institutes in Wien nachhaltig
in Erwägung gezogen.
Dieses Institut sollte nicht nur als Central-Lehranstalt für Handel und Industrie
wirken, sondern auch ein technisches Museum oder Conservatorium für Künste und Ge-
werbe sein, welches mit Hilfe der Sammlungen für Waarenkunde, der chemischen Prä-
paraten- und Fabricatensammlung, der Modellensammlung, der mechanischen Werkstätte
und dem Fabriks-Productencabinet eine anschauliche Darstellung des Zustandes der In-
dustrialcultur und der ihr zugehörigen Wissenschaften und Hilfsmittel darzubieten be- _
stimmt ist.
Alljährlich im September sollte im Gebäude des polytechnischen Institutes eine
oifentliche Ausstellung von Fabriksproducten veranstaltet werden, um den Productionen
der inländischen Gewerbeindustrie einen Vereinigunspunkt zu verschalfen, von welchem
durch die gegenseitige Vergleichung sowohl eine rühmliche Nacheiferung als auch eine
lebendige Erkenntniss und Uebersicht der jährlichen Fortschritte der lndustriccultur aus-
geht und um den Fabrikanten eine günstige Gelegenheit zu verschaffen, die Fortschritte
ihres Gewerbeileisses bekannt zu machen.
Endlich sollte durch die Ernennung von Mitgliedern unter den Angesehenen und
Honoratioren aus dem Handelsstande und der Zahl gebildeter Fabrikanten das polyteeh-
nische Institut den Mittelpunkt eines Vereines zur Beförderung der Nationalindustrie
bilden, durch welchen in Verbindung mit seinen eigenen Hilfsmitteln seine praktische
Wirksamkeit in dem Masse befördert und erweitert wird, als sich dadurch die Theilnahme
an dessen wissenschaftlichen Bemühungen und die Mitwirkung zu seinem Zwecke in einen
grösseren Kreis verbreitet.
Je mehr jedoch das polytechnische Institut durch eine ausreichende Dotation und
die Mitwirkung hervorragender Lehrkräfte, theilweise sogar von europäischem Rufe, in
die Lage versetzt ward, als Lehranstalt seine grosse Mission zu erfüllen, desto unbedingter
wurden seine anderen Aufgaben dem Unterrichtszwecke neben- und untergeordnet, so
dass dieses Institut in seiner neuen Gestalt als technische Hochschule gegenwärtig natur-
gemäss nur mehr nach wenigen Richtungen hin, und nur insoferne sich dies mit dem
Schulzwecke vereinigen lässt, den Aufgaben, welche sonst technischen Gewerbemuseen
zukommen, vollständig Genüge zu leisten im Stande ware.
Im Hinblicke darauf wurde auch im Jahre 1863 die Gründung eines Museums für
Kunst und Industrie beschlossen, in welches zufolge des kaiserlichen Handschreibens vom