MAK
internationale Sammler - Zeitung 
Seite 225 
Nr. 18 
Ein Tizian im Magazin der Wiener Akademie-Galerie. 
Vom Rektorate der k. k. Akademie der bildenden Künste 
in Wien geht uns nachfolgendes Schreiben zu: 
„Wie in der gesamten Presse eingehend besprochen wurde, 
hat Se. Exzellenz Dr. Wilhelm Bode, Generaldirektor der 
königlichen Museen in Berlin usw., am 8. Oktober 1915 unter 
obigem Titel einen Artikel, der schwere Angriffe gegen die Ver 
waltung der akademischen Gemäldegalerie enthielt, in der 
„Kunstchronik" veröffentlicht. Der gefertigte Rektor der 
Akademie hat die unten folgende Berichtigung an die Redak 
tion der „Kunstchronik" eingesandt. Nachdem diese Berichti 
gung im Hefte Nr. 7 vom 12. November 1915 nur in stark 
gekürzter Form abgedruckt ist, sehe ich mich bestimmt, der 
Öffentlichkeit auf diesem Wege den Wortlaut der von mir der 
„Kunstchronik" eingesendeten Berichtigung ungekürzt zur 
Kenntnis zu bringen: 
Berichtigung. 
In der „Kunstchronik" (neue Folge, XXVII. Jahrgang, 
Heft Nr. 2) vom 8. Oktober 1915 lese ich den Artikel „Ein 
Tizian im Magazin der Wiener Akademiegalerie" und darunter 
den Namen Bode. — Wenn ein Mann von der Stellung Bodes 
es nicht unter seiner Würde findet, auf einen Dienerklatsch 
hin, den er sich außerdem noch in tendenziöser Weise für seine 
Zwecke zurechtlegt, einen Angriff von Form und Inhalt des 
oben erwähnten Artikels zu veröffentlichen, so muß er es sich 
auch gefallen lassen, wenn man ihm vorerst sagt: „Du weißt 
wohl nicht , mein Freund, wie grob du bist? “und daß man 
dann zur tatsächlichen Berichtigung übergeht. Hätte sich 
Exzellenz Bode, wie es in solchen Fällen üblich ist, um Aus 
kunft an die Verwaltung der Galerie gewendet, so würde er 
sich und mir diese unliebsame Auseinandersetzung erspart 
und in Sehr verbindlichen Tone erfahren haben, daß das in 
Rede stehende Bild durch die Galeriekommission im Novem 
ber 1907 auf einer öffentlichen Versteigerung in der Kunst 
handlung Pisko in Wien nicht, wie der Diener sagt: „um bare 
4000 Kronen", sondern um den Betrag von 682 Kronen*) für 
die akademische Gemäldegalerie käuflich erworben wurde, 
daß das Bild fernerhin, nicht, wie der Diener gesagt hat, „nicht 
zur Aufstellung gekommen sei", sondern daß es vielmehr 
weit über ein Jahr lang eigens auf einer Staffelei in 
den Räumen der Galerie bereits öffentlich ausge 
stellt war, so wie dies bei allen Neubewerbungen an der 
hiesigen Galerie üblich ist, und daß es für die Professoren der 
Galeriekommission wie für den Kustos, Regierungsrat Eduard 
Gerisch, über dessen Vorschlag das Werk angekauft wurde, 
stets außer Zweifel gewesen ist, daß es sich hier um ein 
hochinteressantes, unvollendetes Gemälde der vene 
zianischen Schule handle, welches gerade dieses bezeichne- 
ten Zustandes halber für die akademische Gemäldegalerie 
und deren Lehrzwecke eine sehr wertvolle Bereicherung be 
bedeute. 
Bei genauem und wiederholtem Studium des Bildes in 
den Räumen der Akademie gelangten die Mitglieder der Galerie 
kommission zur Überzeugung, daß ein Gemälde Tizians 
aus dessen spätester Zeit vorliege. Gelegentlich der Neu 
ordnung der italienischen Abteilung wurde dem Bild ein hervor 
ragender Platz zugewiesen, derselbe, auf dem dann Herr 
Geheimrat Bode es zu sehen bekam. Nach dem Gesagten 
brauche ich wohl auf die weiteren Auslassungen des Artikels, 
wonach endlich noch der Diener „die Herren Künstler auf 
den Tizian aufmerksam gemacht" und „erreicht“ hätte, daß 
das Bild aufgestellt worden sei, nicht weiter einzugehen und 
über die Verdächtigung: „Und ein solches Bild hatte man — 
doch wohl in der Annahme, daß man ein der Galerie nicht 
würdiges Stück eingehandelt habe - in das Magazin ver 
bannt" kein weiteres Wort zu verlieren." 
Rudolf Bacher, 
derzeit Rektor der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien. 
*) Wir haben in unserer vorigen Nummer den Preis mit 
K 620 angegeben. Die Differenz erklärt sich dadurch, daß wir 
den bei den Auktionen üblichen Zuschlag von 10% (von K 620 
also K 62-—) nicht berücksichtigt hatten. 
Chronik. 
Bibliophilie. 
(Die Homer-Bibliothek Karl Bothes.) Die Witwe 
des bekannten Homerforschers Carl Bothe (Gymnasial- 
Professors in Berlin) hat der Seminarbibliothek des 
philologischen Seminars in Würzburg die hervorragende 
Homer-Bücherei des Verstorbenen zum Geschenk gemacht 
und dadurch den Bücherbestand um ungefähr 130 Bände 
vermehrt. Die Dubletten der Bibliothek wurden zum Teil der 
Universitätsbibliothek überwiesen, teils ausgetauscht. 
(Versteigerung der Sammlungen Langenbach und 
Ploclc.) Aus Leipzig wird uns geschrieben: Nach mehr als 
einjähriger Pause bringt das Auktions-Institut von Oswald 
Weigelais erstes in Leipzig wieder eine Versteigerung, die vom 
15. bis 18. Dezember stattfinden wird. Es werden die Biblio 
theken der verstorbenen Herren Musikdirektor Professor 
Wilhelm Langenbach (Essen) undMax Plock (Braunschweig) 
zur Versteigerung kommen. Langenbach ist als Sohn des 
Musiklehrers Wilhelm Langenbach, eines Deutschen, und 
einer belgischen Mutter 1844 zu Tournai geboren. Seine be 
rufliche Ausbildung hat er an der Musikschule seiner Vater 
stadt in den Jahren 1857—61 mit großer Auszeichnung er 
halten, 1863 ist er als Schüler von Professor Lüonard auf dem 
Konservatorium zu Brüssel mit dem ersten Ehrenpreis aus 
gezeichnet worden. Dann kam Langenbach nach Essen, wo er 
als Orchester- und Chorleiter, Geiger und geschätzter Klavier 
begleiter bei solistischen Darbietungen fremder Künstler Er 
sprießliches leistete. Max Plock, 1863 als Sohn eines Kammer 
musikers in Braunschweig geboren, hat seine Ausbildung am 
Moskauer Konservatorium erhalten und als Musiker am dortigen 
Deutschen Theater und an der Russischen Oper in Kiew ge 
wirkt. In der Krollschen Oper in Berlin hat er einen hervor 
ragenden Platz ausgefüllt. 1891 nach Braunschweig zurück 
gekehrt, hat er eine Stelle in der Kapelle des Hoftheaters be 
kleidet und dann das Konservatorium der Musik gegründet. 
Die Versteigerung der Sammlungen wird unter der Theater 
literatur vielerlei bringen, was in den letzten Jahrzehnten nicht 
auf den Markt gekommen ist, Schriften, die vollständig aus 
dem Handel verschwunden waren, und die der Theaterge 
schichte neue Quellen erschließen werden. Es finden sich 
darunter eine wertvolle Sammlung von Schulschauspielen 
in deutscher und lateinischer Sprache, die von 1670 bis 1798 
in der Schule der Gesellschaft Jesu' in Augsburg und in Ingol 
stadt aufgeführt wurden, eine vollständige SammlungTheater-
	        
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