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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1876 / 124)

stand. Ohne Frage ist das auch nicht blos eine Bewegung, sondern selbst 
ein Fortschritt. Es ist ein Fundament gegeben und der feste Punkt ge- 
wonnen. Aber die Spitzenarten, welche sich die Dilettantenhand als Vor- 
bild erwählt, und ebenso diejenigen, welche sie schafft, leiden alle an dem 
alten Fehler, an der Schlechtigkeit der Zeichnung, vielleicht mit Aus- 
nahme derjenigen, welche man Filetguipures nennt. Diese haben wenigstens 
Ordnung. Die anderen gleichen mehr Bandwurmverschlingungen als Li- 
nien, die mit Verstand und Absicht von sicherer Hand gezogen sind. 
Von solchen Damenarbeiten ist die Weihnachts-Ausstellung verhält- 
nissrnässig reich beschickt; sie sind auch nicht einförmig in ihrer Art und 
es ist ohne Zweifel Manches darunter, das die schwesterliche Bewunderung 
verdient, wenn es uns auch - wir gestehen es - schwer wird, das punctum 
saliens dafür zu finden. Wir unserseits möchten dem durchbrochen ge- 
arbeiteten Kissen von Fräulein Uhl den Preis geben und sodann dem Gui- 
purekissen von Fräulein Litsken. 
Auch die Industrie {Louis Modern, Louise Barth) hat eine reiche 
Auswahl von Weiss- und Spitzenstickerei ausgestellt; da die Gegenstände 
aber zu sehr der Mode angehören, so ist die Kritik nicht frei und wir 
enthalten uns daher der Beurtheilung. Weniger ist dies der Fall bei 
den schwarzen Besatzspitzen Uffenhcirners in Innsbruck. Diese Spitzen 
könnten weit schöner sein in der Zeichnung und die Mode erlaubt es. 
Wenn der Fabrikant die Motive der altenßpitzenbücher im österr. Mu- 
seum copirte, so würde er nichts finden können, was schöner und zu- 
gleich moderner wäre. Eines aber, das ebenfalls aus Industriekreisen kommt, 
wollen wir der Beachtung des lernbegierigen Publicums ausdrücklich em- 
pfehlen. Herr Stramitzer hat sich der dankenswerthen Mühe unter- 
zogen, von allen Arten Spitzen, die im österreichischen Erzgebirge fabricirt 
werden, eine Collection angefangener Arbeiten zusammenzustellen, auf 
die Kissen aufgespannt mitsammt den Klöppeln oder sonstigem Zubehör, 
so dass man sich leicht über die Art der Entstehung unterrichten kann. 
Da zur vollen Kunde und gründlichen Beurtheilung eines Kunstgegen- 
standes auch dieKenntniss von der Art seiner Entstehung gehört, so bietet 
sich hier eine vortreffliche Gelegenheit, über einen ganzen Kreis von 
Spitzenarbeiten, von deren technischer Entstehung der Laie sich so schwer 
einen Begriff macht, gründlichst sich zu unterrichten. Wer eine Arbeit 
von diesem Gesichtspunkte aus kennt, dem ist ihre Beurtheilung unendlich 
erleichtert. Die künstlerische Handspitze gewinnt glücklicher Weise wieder 
erneutes Interesse, so sehr, dass das Oesterr. Museum sich selbst mit der 
Idee einer Special-Ausstellung alter Spitzen trägt, die es noch im Laufe 
des kommenden Frühlings auszuführen gedenkt. Die Collection des Herrn 
Stramitzer ist daher doppelt willkommen. I 
Wie immer, so tritt auch auf dieser Ausstellung bei den Damen- 
arbeiten die Farbe vor den Weissstickereien zurück. Nicht, dass sie nicht 
in gleichem Masse gepflegt und verehrt würde, aber sie erweist sich in,
	        
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