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gesammten restaurirenden Kunst und Kunstgewerbethätigkeit hingegen ist
der Zug der unmittelbaren Geistesthätigkeit auf ein Minimum herabge-
sunken. Nur bei zwei Kunstgewerben Venedigs finden wir einen mo-
dernen Charakter. Bei einem dieser Kunstgewerbe ist dieser Charakter
ganz entschieden ausgesprochen und zwar bei der Mosaik- und Glas-
fabrication von Salvi ati und bei dem zweiten Kunstgewerbe der Spitzen-
industrie können wir wenigstens das sagen, dass sie auf dem besten
Wege zu sein scheint, sich zu einer echt modernen Kunstindustrie zu
entwickeln.
Die Anstalt, welche Dr. A. Salviati begründet, hat sich einen
Weltruhm verschafft. Sie lehnt sich hekannterrnassen an die alte Glas-
fabrication in Murano und knüpft in verständiger Weise an die herrlichen
Ueberreste dieser Industrie an. Das erste Mittel zur Ausbreitung dieser
Fabrication auf das Gebiet der Glasmosaik ist durch die österreichische
Regierung gegeben worden, etwa vor mehr als zwanzig Jahren, als es sich
darum handelte, die Mosaiken der Markuskirche zu restauriren. Heutigen
Tages ist das Institut von Salviati befestigt und erweitert durch eine Ge-
sellschaft, auf den Weltmarkt angewiesen; denn die Fabrication der Glas-
perlen ist ohne grosse Zukunft, der locale Markt für Glas wird meistens
durch das Ausland gedeckt; was an Mosaiken für die Markuskirche ge-
braucht wird, ist bei den beschränkten Mitteln, über welche die Restau-
ration der Markuskirche verfügt, nicht hinreichend um eine Industrie zu
schaffen. Würde nicht das Talent des Dr. A. Salviati und die Mittel
der Gesellschaft dem ganzen Institute eine grosse Expansivkraft gegeben
haben, so würde auch dieses Institut es nicht über bescheidene locale
Anfänge hinaus gebracht haben. Jetzt hat dasselbe einen gesicherten
Boden und einen Abnehmerkreis für seine Waaren in Italien, England,
Deutschland und Amerika.
In dern gegenwärtigen Augenblicke werden Mosaiken für Münster
nach Cartons von Prof. Klein in Wien und ein Altarwerk für England
angefertigt. Die Preise für diese Glasmosaiken sind nicht höher, als man
für bessere Oelgemälde für kirchliche Zwecke bezahlt. Wir haben übri-
gens nicht nöthig uns weiter über dieses Institut zu verbreiten, da das
Buch Lobmeyrks ') sich über den Gegenstand ausführlich ausspricht
und die Leistungen derselben durch die Weltausstellungen hinlänglich be-
kannt sind.
Was die Spitzenindustrie betrifft, so muss vorerst erinnert wer-
den, dass dieselbe in Verbindung steht mit den Bestrebungen zur Hebung
der weiblichen Arbeitskraft, welche durch ganz Italien gehen, einen
einheitlichen Charakter haben und unter dem Protectorate der Kronprin-
zessin Italiens, der Prinzessin Marguerita, stehen. Unsere Leser werden
sich vielleicht der Florentiner Ausstellung weiblicher Arbeiten erinnern;
') nDie Glasindustrie und ihre Geschichten, Stuttgart, 1874,. p. 69 und x81.