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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1876 / 129)

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mit den Werthen eines Wahlberechtigten Aufwandes gerechnet haben, und wie die Erfah- 
rung lehrt, haben gerade diejenigen, welche zuerst selbstständig den Weg der Verkörperung 
neuer Ideen betreten haben. auch einen entscheidenden Vorsprung gewonnen. 
Um aber den Anforderungen der Concurrenz mit Aussicht auf Erfolg begegnen zu 
können, ist es unbedingt nöthig, dass der Erzeuger eines Musters oder Modelles als un- 
mittelbarer Eigenthümer oder Rechtsnachfolger desselben, bezüglich diesesseines Eigen- 
thumes, welches als das Product der eigentlichen Werthfactoren, d. i. von Arbeit, Zeit 
und Geld anzusehen ist, einen wahrhaftigen gesetzlichen Schutz geniesse. 
Aber nicht nur der Aufwand, den jeder einzelne Erzeuger in seiner Sphäre zu 
machen bemüssigt ist, selbst die Erfolge aller der Anstalten und Schulen, welche oft mit 
grossen Kosten und nach langen Bemühungen zur Hebung von Kunst und Industrie in's 
Leben gerufen wurden, sie würden bezüglich der Erreichung ihres Endzweckes illusorisch 
werden, wenn der Erzeuger nicht in die Lage versetzt würde, seine Erzeugnisse als das 
Eigenthümliche seiner geistigen productiven Thatigkeit gegen unbefugte Nachbildung und 
Verbreitung vor dem Forum des competenten Richters bei einem raschen gerichtlichen 
Verfahren zu schützen. 
Aus dem Gesagten geht aber hervor, dass ein Musterschutzgesetz, wenn eswirklich 
den Anforderungen, die an ein solches gestellt werden, entsprechen soll, ganz speciellen 
und eigenthürnlichen Verhältnissen Rechnung tragen muss. Es soll den Schutz einer gei- 
stigen productiven Thätigkeit gegen vermögensrechtliche Benachtheiligung vermitteln, und 
zwar in möglichst ausgedehntem Masse, ohne dabei durch das Eingehen in unberechtigte 
Kleinlichkeit, hemmend auf den allgemeinen Verkehr zu wirken. 
Die Gesichtspunkte, die daher bei einem derartigen, den Anforderungen der Jetzt- 
zeit entsprechenden Musterschutzgesetze, festzuhalten waren, liessen sich, ohne in minu- 
tioses Detail einzugehen, in Folgendem zusammenfassen: 
l. Einfachheit und geringe Kosten bei den Formalitäten der Schutzwerbung; 
ll. genügend lange Scbutzdauer; 
lll. Principien, betreffend die erlaubte und unerlaubte Nachbildung: 
IV. vermögensrechtlicher Schutz des Urhebers, als Trägers der geistigen produc- 
tiven Thätigkeit, daher auch 
V. Uebertragbarkeit, Vererblichkeit und Executivbarkeit des erworbenen Schutz- 
rechtes; 
Vl. Musterschutz-Angelegenheiten sollen bezüglich der processualischen Zuständig- 
keit als Handelssache betrachtet werden, und zwar von der Registrirung angefangen, bin- 
gegen soll in materiell rechtlicher Beziehung das competente richterliche Forum in allen 
Stadien, wo nicht ein Schiedsgericht als zulässig erkannt wird, zu entscheiden haben; 
Vll. Aufstellung eines selbstständigen Apparates der Rechtsgrundsatze, bezüglich 
der nach diesem Gesetze eintretenden Rechtsfolgen, als 
a) Strafe, 
b) Entschädigungspüicht, 
e) Einziehung, 
daher specielle Unterscheidung 
i. in der subjectiven Qualification der rechtsverletzenden Personen, 
2. objectiv bezüglich der Reehtsfolgen der Zurechnungsfähigkeit bei 
a) Absichtlichkeit, 
b) Fahrlässigkeit und 
c) Unabsichtlichkeit, 
so dass der Richter ohne an die civilprocessualischen Vorschriften der gegenwärtigen 
Civil-Processordnung, namentlich bezüglich des Schadenersatzes oder überhaupt an be- 
engende Definitionen gebunden zu sein, nach freier Ueberzeugung, eventuell nach Ein- 
holung von sachverstandigem Gutachten, seine Entscheidung treffen könne; 
Vlll. Rechtsfolgen des Versuches; 
IX. Vereinfachung und Gleichartigkeit in den Verjährungsfristen, gleichviel ob es 
sich um Strafe oder Entschädigung handelt, jedoch mit verschiedenem Zeitpunkte, von 
wann an, je nach der Natur der Uebertretung, die Verjährung zu laufen habe; 
X. eventuell Einführung von sachverständigen Vereinen; 
Xl. von Amtswegen soll auch bei Strafverfolgung nicht eingeschritten werden. 
Nimmt man nun das österreichische Musterschutzgesetz vom S. December i858 zur 
Hand, _so wird man bald zur Ueberzeugung kommen, dass dasselbe theils auf anderen 
Principien wie die früher erwähnten beruht, theils wo sich einzelne derselben vorfinden, 
dieselben nur in höchst mangelhafter und nicht erschöpfender Weise zum Ausdruck ge- 
bracht hat. Dagegen finde: man diese Grundsätze im deutschen Musterschutzgesetze vom 
ii. Januar 1876 in hohem Masse aus- und durchgebildet.
	        
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