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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1876 / 129)

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Ad lll. Prinzipien der erlaubten und unerlaubten Nachbildung. 
Was die Principien einer erlaubten und unerlaubten Nachbildung betrifft, so spricht 
das österreichische Gesetz nur von den Fallen der Ungiltigkeit der Registrirung und Ver- 
lust des Mustern-echtes, sowie von dem Erlöschen des ausschliesslichen Gebrauches eines 
Musters; diese im österreichischen Gesetze angeführten Falle der Ungiltigkeit der Regi- 
strirung sind theils selbstverständlich, theils sind dieselben in den diesbezüglichen Prin- 
cipien des betretfenden deutschen Gesetzes enthalten, bis auf die h-üher schon erwähnte 
und zwar unberechtigte Bestimmung des Gsterreichischen Gesetzes, dass das Schutzrecht 
durch Nichtbenützung des Modelles während Eines Jahres verloren geht, hingegen halt 
das deutsche Gesetz den Unterschied zwischen ln- und Ausländer insoferne fest, als Letz- 
terer nachweisen muss, dass er eine gewerbliche Niederlassung im lnlande besitzt; die 
früher erwähnte Bedingung des gesetzlichen Schutzes, dass die nach dem geschützten 
Muster oder Modelle hergestellten Erzeugnisse im Inlande angefertigt werden müssen, gilt 
für beide, daher auch die bezüglich der Strafbarkeit und Ersatzpßichtigkeit aus der Qua- 
lification der Staatsbürgerschaft resultirenden Corollarien des deutschen Gesetzes auch nach 
österreichischem Gesetze eintreten würden. Demnach ist 
a) der lnlander strafbar und ersatzptlichtig, wenn er eine Nachbildung im ln- oder 
Auslande unbefugt veranstaltet, gleichviel, ob die Erzeugung im ln- oder Aus- 
lande geschieht; 
b) der Ausländer strafbar oder ersatz ßichtig, wenn er unbefugt eine Nachbildung 
im lnlande veranstaltet oder dasel st verbreitet; wenn er aber 
c) im Auslande die unbefugte Nachbildung vornimmt oder verbreitet, ist er eben 
nach inländischen Gesetzen nicht strafbar. 
lm Uebrigen spricht das österreichische Gesetz nur im Allgemeinen von Eingriffen 
in das Musterrecht durch unbefugte Uebertragung oder Nachbildung oder durch Verschleiss 
der hienach verfertigten Waaren, und ergänzt diese allgemein gehaltenen Bestimmungen 
durch die einzige Detail-Bestimmung, dass eine Nachbildung deshalb nicht aufhöre, eine 
verbotene zu sein, weil die Dimensionen und Farben des Musters geändert wurden. 
Das deutsche Gesetz hingegen hat keine diesbezüglichen, das freie Ermessen des 
Richters beengenden Definitionen gegeben, doch hat es den Urheber als Trager der gei- 
stigen Productivität bezeichnet, aus welcher das Muster oder Modell als neues eigentbürn- 
liches Erzeugniss hervorgegangen ist, das als solches gegen unbefugte Nachbildung ge- 
schützt werden soll. 
Obgleich nun das deutsche Gesetz keine eigentlichen Definitionen von Neuheit und 
Eigenthümlichkeit einerseits und von Nachbildung anderseits gibt, sind doch die beiden 
ersteren Begrilfe, nämlich Neuheit und Eigenthümlichkeit als Attribute eines schutzberech- 
tigten Musters wenigstens negativ dahin aufzufassen, dass das Muster in der Gesarnmtheit 
seiner charakteristischen Formen früher noch nicht dagewesen; unter Nachbildung wäre 
jede im YVesentlichen identische Wiedergabe des Originalmusters oder Modelles zu ver- 
stehen. (Commentar Dr. Dambach.) Diese Auffassung ergibt sich eben aus den, das Ur- 
heberrecht und das Wesen der Nachbildung charakterisirenden Bestimmungen des deutschen 
Gesetzes. Ausserdem aber hat das deutsche Gesetz positive Principien aufgestellt, welche 
den Richter bei Beurtheilung von erlaubten und unerlaubten Nachbildungen in die Lage 
setzen, nach bestimmt gegebenen Anhaltspunkten bei der übergrossen Mannigfaltigkeit der 
Fülle womöglich principiell gleicbmässige Entscheidungen herbeizuführen. Als obersten 
ausnahmslosen Gnmdsatz stellt nämlich das deutsche Gesetz bei Beurtheilung einer ver- 
botenen Nachbildung auf, dass dieselbe in der Absicht der Verbreitung und bei ge- 
wissen Fällen in der Absicht der gewerbemassigen Verbreitung und selbstverständlich 
ohne Genehmigung des Berechtigten hergestellt werden sei. Ausserdem bestimmt es 
principiell die Fälle, in denen eine Nachbildung, die Absicht der Verbreitung vorausge- 
setzt, eine unbedingt verbotene, oder anderseits wieder eine erlaubte sei. 
Demgemäss verfügt das deutsche Gesetz, dass die freie Benutzung einzelner Motive 
eines Musters oder Modelles als Nachbildung nicht anzusehen sei. 
Stellt man nun diese im deutschen Gesetze so durchgebildeten Principien über 
einen so schwierigen und an mannigfachen Fallen so reichen und daher so heiklen Ge- 
gegenstand wie den der Beurtheilung einer berechtigten oder unberechtigten Nachbildung 
den diesbezüglich höchst all emein gehaltenen Bestimmungen des österreichischen Gesetzes 
gegenüber, und bringt man erner die zu Recht bestehenden Verordnungen der respectiven 
Gesetze über die behördlichen Organe, welche über diese schwierigen Fragen zu ent- 
scheiden haben, damit in Beziehung, so wird man einerseits einem wohlgeordneten System 
von Principien begegnen, nach welchen der Richter seine begründeten Entscheidungen zu 
tretfen hat, während im anderen Falle nach osterreichischem Gesetze die Beurtheilung 
dieser schwierigen Fragen nach einem an Princlpien so mageren und an positiven Anhalts- 
punkten arrnen Gesetze in der Hand der untersten Verwaltungsorgane ruht, die nach dem 
Standpunkte der Gewerbsübertretungen ihr Verdict abzugeben haben. l
	        
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