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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1876 / 130)

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dem Oberstkämmerer des Kaisers, dem Bürgermeister Dr. Felder und 
dem Grafen Wrbna übergeben wurde. Wir werden im Laufe dieses 
Herbstes noch Gelegenheit haben, ausführlich auf den Inhalt dieser Denk- 
schrift zurückzukommen, können aber unsere Befriedigung über diesen 
Schritt nicht verhehlen. Es ist zum ersten Male, dass Wiener Künstler, 
die Mitglieder der Akademie der bildenden Künste nicht minder als die 
selbständigen Bildhauer sich zu einer gemeinschaftlichen Action ver- 
einigt haben, ohne sich auf Recriminationen und polemische Schritte 
einzulassen. Sie bringen sachliche Motive zur Geltung, in ruhiger und 
gemessener Form. Sie betonen die sociale Lage der Bildhauer, und heben 
mit Recht hervor, dass es nicht angeht, auf der einen Seite grosse künst- 
lerische Anforderungen zu stellen, und auf der anderen Seite, die mate- 
riellen Grundlagen zu ignoriren, welche bei den Bildhauern in Betracht 
gezogen werden müssen. Die Bildhauer sind in einer sehr schlimmen 
Lage, sie können nicht wie die Maler ihre Werke auf Ausstellungen wan- 
dern lassen; sie stehen nicht wie die Architekten, mit dem Publicum in 
directern Verkehre; die haben ausserdem mit einem Publikum zu thun, 
das sich sehr für Malerei und Architektur interessirt, aber für die plastische 
Kunst wenig Verständniss hat. 
Je weniger also äussere Umstände der Bildhauerei günstig sind, 
desto wichtiger war es, dass von Seite des Unterrichtsrninisteriurns Schritte 
gethan wurden, um wenigstens an der Akademie der bildenden Künste 
der Plastik eine würdige Stellung zu verschaffen. Zum ersten Male in 
Oesterreich sind Professoren an der Akademie thätig, welche mit wohl 
eingerichteten Ateliers versehen sind. Im neuen Akademiegebäude ist für 
die Abtheilung der Bildhauerei, und für ein Museum von Gypsgüssen aus- 
reichende Sorge getragen worden. Ferner ist in den Räumen der Welt- 
ausstellung flir Bildhauer eine Stätte bereitet. Aber alle diese Schritte 
berühren mehr den Unterricht und die Zukunft, als die Interessen 
des Momentes, und es ist begreiflich, dass das Memorandum in erster 
Linie jene Interessen in's Auge fasst, die actueller Natur sind. uDlß Ge- 
fertigten", so drückt sich das Memorandum aus, wbefreien sich nur von 
einer moralischen Schuld, wenn sie sich an das P. T. mit dem Ersuchen 
und der Aufforderung wenden, dasselbe wolle in gerechter Würdigung 
der Interessen der bildenden Kunst, deren Vertreter und der ausübenden 
Künstler dahin wirken, dass bei den unter der Aegide des P. T. auszu- 
führenden Monumentalbauten die für die Plastik bestimmten Summen in 
derart angemessener Weise festgesetzt werden, dass bei solchen Anlässen 
die decorativen Bildhauer von den monumental künstlerischen geschieden 
- zu den betreffenden Comiteberathungen auch diese zugezogen werden, 
damit solche Arbeiten rechtzeitig vergeben und mit jener Musse ausge- 
führt werden, welche den Erfolg verbürgt, und dass endlich diese plasti- 
schen Arbeiten von fähigen Künstlern ohne Verleugnung ihres moralischen 
und materiellen Interesses übernommen und in würdiger Weise vollendet
	        
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