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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIV (1879 / 170)

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sirung ihres Planes zu widmen. w-Hätte ich tausend Leben, ich wollte sie 
alle in Schmerz und Noth hingeben für mein Ziele, schrieb sie kurz vor 
dem Gelingen ihres Werkes. Sie sammelte Geld, sie bat in Wort und 
Schrift, sie ging von Haus zu Haus. Viele der Beiträge die sie erhielt be- 
standen in einem halben Dollar; die Mühe war unsäglich, aber die Summe 
wuchs und wuchs, und am 3. October x836 wurde der Grundstein zu dem 
Schulhause gelegt. Ein Jahr später stand ein stattliches Gebäude an eben 
der Stelle, mit der Aussicht auf das stille, friedliche Dorf South Hadley, 
auf den Fluss und auf den Garten mit seinen alten und seinen neu ge- 
pflanzten Bäumen, ein stolzer, vier Stockwerke zählender Bau, der monumen- 
tales Zeugniss gab von der Thatkraft und Begeisterung einer edlen Frau. 
Am 3. October 1837 wurde das Seminar eröffnet; seine Errichtung 
hatte 80.000 Dollars gekostet. 
Das Lehrprogramm der Schule umfasst vier Jahrgänge. Die Schüle- 
rinnen werden nicht vor dem 16. Lebensjahre aufgenommen und müssen 
eine Aufnahmsprüfung aus der englischen und lateinischen Grammatik, 
aus Cornelius Nepos, aus den Elementen der Algebra und der physischen 
Geografie ablegen. Die tägliche Lernzeit umfasst sechs Stunden. 
Das Unterrichts- und Kostgeld wurde und wird noch so nieder als 
möglich bemessen, es soll die Auslagen decken und nichts mehr, In den 
ersten sechzehn Jahren nach der Gründung des Seminars zahlte die Schülerin 
60 Dollars für die 40 Wochen des Schuljahres, wobei Beheizung und 
Beleuchtung nicht inbegriffen waren. Der Haushalt wird von den jungen 
Mädchen besorgt; nur die schwere Arbeit wird von einer Dienerin ver- 
richtet. Jedes Mädchen widmet eine Stunde täglich der Wirthschaft. Das 
System hat sich bisher glänzend bewährt. Die Mädchen gewinnen Gemein- 
sinn, werden hausmlitterlich in ihrer Thätigkeit, und lernen sich der 
Ordnung eines Hauswesens freuen, an dessen Besorgung sich täglich eine 
Familie von 300 Menschen rührig betheiligt. 
Seit dem Bestehen des Seminars haben 5000 Schülerinnen dort Auf- 
nahme gefunden, von denen 1640 alle vier Jahrgänge absolvirten und 
Diplome erhielten. 
Der weitaus grösste Theil der diplomirten Schülerinnen sind Lehre- 
rinnen und Erzieherinnen geworden; einige sind als Missionärinnen in 
fremde Länder gegangen oder haben in gleicher Eigenschaft in ihrer Heimat 
gewirkt. 
Eine merkwürdige, dem Geiste der ganzen Anstalt, die gleichsam 
ein grosses Familienhaus bildet, entsprechende Institution, ist die Memo- 
randum Society, deren Präsidentin Mary Lyon bis zu ihrem Tode war. 
Alle Mädchen und Frauen, die mit dem Seminar in Verbindung ge- 
standen haben, können gegen den einmaligen Erlag von zwei Dollars, 
Mitglieder des Vereines werden. Jedes Mitglied schreibt im Jänner einen 
Brief an das Seminar, welcher die Geschichte, die Lebensereignisse des 
letzten Jahres enthält. Das Secretariat sammelt die Briefe, welche die Grund-
	        
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