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sich den holländischen Ständen für irgend eine Anstellung empfehlen
wollte. Sein Steinchen kam richtig in's Rollen und wuchs im Laufe dreier
Jahrhunderte zur Lawine, die Jeden, der nicht an Coster glaubte, mit
Wucht in den untersten Abgrund der Verstocktheit und Bornirtheit
schleuderte. -
Die Beweise der Cdsterianer laufen im Ganzen auf Folgendes hinaus:
I. Zeugenaussagen von Greisen, die als Kinder einmal etwas gehört haben
von Männern, die selbst schon wieder kindisch geworden waren; 2. ein
Gerrit Thomas Coster wies gelegentlich zinnerne Weinkannen vor, welche
angeblich sein Vorfahre, der Erfinder, aus seinen Buchtyperi habe her-
stellen lassen (aber die waren ihm ja alle gestohlen worden, darauf hat
man ganz vergessen); 3. und das ist das Hauptargument: "Es ist einmal
so, wie wir es sagen, und die Deutschen sollen beweisen, dass das nicht
wahr seim
Die ganze Costergeschichte ist nichts, als nationale Aufbauschung
eines Stadtklatsches, dass etwa einmal ein Haarlemer Schenkwirth von
rheinischen Weinlieferanten oder selbst auf einer Geschäftsreise nach den
Rheingegenden etwas von der neuen Mainzer Erfindung gehört und mögv
licherweise einen Versuch mit Typenbildung gemacht hat. Es ist aber
wahrhaft bescbämend, dass so viele Männer ihre Kraft an eine erbärm-
liche Sache verschwendeten und sich von einigen Führern dupiren ließen.
Unwissenheit, directer Betrug und Fälschung sind aber mit Recht jenen
Herren nachzusagen, denn andere Ausdrücke kann man wahrlich nicht
wählen für ein Vorgehen, wenn auf Urkunden die Jahreszahl 144.6 in
14.40 umgeändert, Pergamentdrucke befeuchtet und gewaltsam gestreckt
werden, damit sie zur Länge und Breite eines andern Stückes, wie man's
eben brauchte, passen. Bei Anführung zahlreicher Geschichtsquellen für
Coster übersah diese Gattung von Historikern, dass ihre Autoritäten eine
von der andern abschreiben und zumeist auf Junius und ähnlichen basiren.
Der angeblich erste Druck aus Coster's Werkstatt, ein Speculum humanae
salvationis, stellte sich nachträglich als eine sehr späte Ausgabe dieses
deutschen Werkes heraus, und eine Menge von Beweisstücken, wie holz-
geschnittene Buchstaben u. dgl. waren, wenn ein fremder Forscher sie
sehen wollte, just eben gestohlen worden u. s. w., u. s. w.
ln die Reihe der Lächerlichkeiten gehört es, dass man ein Porträt
des Erfinders aus dem XV. Jahrhundert vorzeigt. auf der Rückseite
bezeichnet mit dem Monogramm eines Malers, der erst zwei Jahre nach
dem Tode des Porträtirten geboren wird. Das l-Ieiterste aber ist, dass die
Haarlemer zwei Denkrnale auf zwei Erfinder der Buchdruckerkunst auf-
gestellt haben und bis vor Kurzem nicht wussten. welcher eigentlich der
rechte sei. Dieses kleine Malheur passirte ihnen auf folgende Weise:
Der Lichtgießer und Schenkwirth Coster wandert nachweislich r483
aus Haarlem aus. Lassen wir den Mann über 80 Jahre alt werden, so
war er frühestens im Jahre r4oo geboren; nach damaliger Gepflogenheit