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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVII (1882 / 203)

Die Leipziger Kunstakademie wurde im Jahre 1764. vom Churfürsten 
Friedrich Christian gegründet. Zu Ostern 1764 eröffnete A. FÄOeser mit 
Hagedorn, einem auch in der Kunstliteratur wohlbekannten Künstler, den 
Unterricht in der Pleißenburg, in welcher sich noch gegenwärtig die Aka- 
demie befindet. Nach Oeser's Tod 1799 wirkten Tischbein, Jäger, H. V. 
Schnorr v. Carolsfeld, Hennig als Vorstände der Anstalt. Nach Hennig's 
Tod wurde L. Nieper im Jahre 1870 als Director und Lehrer an die 
Akademie berufen, ein vielseitig gebildeter Künstler, dem wir den schönen, 
eingehenden Bericht verdanken. Die Reorganisation der Anstalt ist sein 
Werk. , 
Leipzig ist nicht der Ort, an welchem eine Kunstakademie eine glän- 
zende Wirksamkeit entfalten kann. In der nächsten Nähe von Dresden und 
Weimar, den Residenzstädten zweier kunstliebender Höfe, ist Leipzig auf 
sich und seine bürgerlichen Interessen angewiesen. Zum Ueberflusse ist 
auch Berlin jetzt durch den Eisenbahnverkehr Leipzig und Dresden sehr 
nahe gerückt und übt auf beide'Städte einen fühlbaren Druck aus. 
Wenn auch die äußeren Verhältnisse für eine Kunstakademie nicht 
günstig sind, so eröffnet sich einer Kunstgewerbeschule ein schöner 
Wirkungskreis. Leipzig besitzt einen wohlhabenden, gebildeten Bürger- 
stand, der es von jeher gewöhnt war, sich mit einem künstlerischen Com- 
fort zu umgeben. Was noch höher als dies zu schätzen ist, das ist die 
Opferwilligkeit und der patriotische Sinn der Bevölkerung. Alles, was 
Leipzig an Anstalten für bildende Kunst, für Musik und Theater besitzt, 
ist das Werk der Bürgerschaft. Was die Landesvertretung und der Hof 
für Leipzig und sein Kunstleben thun, ist minimal. Auch die plastischen 
Kunstwerke, welche in der nächsten Zeit Leipzig schmücken werden: das 
Kaisermonument, das Reformationsdenkmal, der monumentale Brunnen, 
die Erweiterung des Museums - Alles kommt durch die eigene Kraft der 
Leipziger Bürger zu Stande. 
Da Leipzig auch der Mittelpunkt des deutschen Buchhandels ist, so 
liegt die Aufgabe der dortigen Kunstgewerbeschule in der Pflege aller 
Künste und Kunstfertigkeiten, welche sich auf Buchausstattung beziehen, 
und in zweiter Linie in der Pflege aller Kunsthandwerke, welche sich 
direct oder indirect auf Wohnungsausstattung erstrecken. Der Lehrplan 
und demgemäß auch der Lehrkörper ist so organisirt; dass die zeichnenden 
und decorativen Künste den Mittelpunkt der Anstalt bilden. Für die Hilfs- 
fächer wirken hervorragende Professoren der Universität. 
Zwei Umstände aber treten einer größeren Entfaltung der Kunst- 
gewerbeschule entgegen: die ganz ungenügenden Unterrichtsräume in der 
Pleißenburg und die Versplitterung der Lehranstalt für Kunstgewerbe. 
Dass in dem gebildeten Sachsen solch' ungenügende Räume möglich sind, 
wirft auf die Landesvertretung und Regierung ein schlechtes Licht. Eine 
lndustrie- und Handelsstadt wie Leipzig, welche jetzt 150.000 Einwohner 
beherbergt (1834 nur 44.800) hat kunstgewerbliche Interessen, die sorgsam
	        
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