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in den betreffenden Schulen auch Fachchemie gelehrt. ln den Abend-, Sonn- und
Feiertagscurscn wird, gewöhnlich zwei Stunden an jedem der Tage, hauptsächlich Fach-
zeichnen, eventuell auch Modelliren gelehrt. Die volle Unterrichtsdauer an einer gewerb-
lichen Fachschule beträgt drei Jahre und kann unter besonderen Verhältnissen um ein
Jahr verlängert werden; der Unterricht wird für österreichische Staatsangehörige nahezu
ausnahmslos unentgeltlich ertheilt. Als Aufnnhmsbedingungen werden mindestens die Ab-
solvirung der Volksschule, das zurückgelegte 14. Lebensjahr und nach Erforderniss der
einzelnen Gewerbe eine entsprechende körperliche Eignung gefordert.
Die Fachschulen gruppiren sich nach der speciellen Richtung, die sie als Lehr-
ziel verfolgen, in nachstehender Weise: l. Schulen für Weberei und Wirkerei (mit vor-
wiegend praktischer Uebung im Handstnhle und im mechanischen Webestuhle), z. Fach-
schulen für Holzindustrie (mit praktischer Uebung im Schnitzen, Drechseln, allen Tischler-
arbeiten und Knrbflechtereien), 3. für Steinindustrie (mit praktischer Uebung im Bearbeiten,
Schleifen, Poliren), 4. für keramische lndustrie (mit praktischer Uebung irn Formen,
Bemalen, Glasiren und Brennen), 5. für Glasindustrie (mit praktischer Uebung im Glas-
sehleifen, Graviren, Aetzen, Malen und Emailliren), 6. für Eisenindustrie (mit praktischer
Uebung im Schmieden und in allen Arten der Decorirung des Eisens), 7. für Gold- und
Silberindustrie (mit praktischer Unterweisung in der Behandlung der Edelmetalle und
allendazu gehörigen Decoratinnsweisen, als: Emailliren, Graviren„Punci:en, Ciseliren
u. s. w.), 8. für Uhrindnstrie (mit Uebung in Anfertigung aller Bestandtheile und in der
Zusammensetzung der Uhren), 9. für mechanische, respective Maschinenfabriken, im. für
Kinderspielwaarenindustrje, inclusive der Wachspuppenfabrication, u. für Musikinstru-
menten-Fabrication (Erzeugung von Streich- und Holzblasinstrumenten), tz. für Feuer-
vraffenerzeugung, 13. für Schuhwaarenindustrie, endlich I4. für die mit dem Charakter
einer Hausindustrie betriebene Bildermalerei. Diesen Schulen reihen sich die Centrallehr-
anstalten und Versuchsanstalten an. So besteht in Wien ein Centralspitzencurs für Aus-
bildung in allen Spitzenarbeiten. Zu diesem Ende wird an der Kunstgewerbeschule des
österreichischen Museums ein Curs für l-leranbildung tüchtiger Spitzenmusterzeichner
abgehalten, und neben demselben linden Unterweisungen wohlgescbulter Spitzenarbeite-
rinnen statt, die nach lhrer Ausbildung als Vnrarbeiterinnen und Lehrerinnen an die
einzelnen praktischen Spitzenschulen entsendet werden) Die Spitzenschulen der Kron-
lander werden artistisch und technisch von der Centralanstalt geleitet; in den ersteren
werden nur Unterweisungen in ienen Spitzenarten ertheilt, welche sich auf die Haus-
industrie des Standortes der Schule oder deren nächster Umgebung beziehen, in der
Centralanstalt werden alle Arten der Spitzentechnik gelehrt. Ein gleiches Verhältniss be-
steht in Betretf der Schulen für Kunststickerei.
Endlich wurden noch an einigen Punkten Versuchsanstalten angelegt, die den Zweck
haben, die neuesten Erfindungen der localen lndustrie zugänglich zu machen und den
Fortschritt auf den betreffenden technischen Gebieten zu fördern. Derlei Versuchsan-
stalten bestehen in Steyr (für Eisen- und Stahlindustrie), in Ferlach in Kärnten für die
dortige Feuerwntfenfachschule, in Wien für Lederindustrie und keramische lndustrief
Literaturbericht.
Nestlehner, Alphons: Das Seitenstettener Evangeliarium des Xll. Jahr-
hunderts. Berlin, Th. Prüfer, 1882. Fol.
Man muss es dem Verfasser danken, dass er aus dem Schutze reichgeschmnckter
Handschriften, den sein Ordenshaus, das Benedictinerstift Seitenstetten in Niederöster-
reich, besitzt, uns den Bilderschmuck eines Evengeliers mittheilt. Er beschränkt sich auf
einen kurzen erklärenden Text und auf Bestimmung der Entstehungszeit des Buches und
lässt billigerweise die Bilder selber sprechen. Acht lithographirte Tafeln und zwei Tafeln
in Gold- und Farbendruck bringen uns iri sehr charakteristischen Zeichnungen sechs Voll-
bilder mit Darstellungen der thronenden Madonna, der Atßgießung des heil. Geistes und
der vier Evangelisten. Die folgenden Tafeln zeigen eine größere Anzahl der ungemein
phantasievollen Initialen, welche die Handschrift zieren und bekunden, dass der Illustrator
durchaus nicht dem Schreiber nacbstand, welcher sich am Schlusse des Codex so naiv
mit den Worten lobt: Qui me linivit, heil quam bene lcrivere scivitl
Banchi, Luciano: L'art}: della seta in Siena nei secoli XV e XVl. Siena,
L. Lazzeri, 188i. XXll und 145 Seiten 8. -
Es ist ein anspruchsloses Büchlein, das aber unbestreitbaren Werth besitzt. Der
Verfasser, selbst ein Sienese, skizzirt in der Einleitung die Entwickelung der edlen