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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVII (1882 / 203)

strittene Volksthümlichkeit ihres Bestandes. Nicht künstlich hieher ver- 
pflanzt, sondern mit der historischen Vergangenheit ihres Wohnsitzes in 
engster Verbindung, hat sie sich aus jenen Neigungen und Geschicklich- 
keiten, aus jenen uralten Handwerkstraditionen und I-Iausindustrien ent- 
wickelt, welche das Erbtheil eines kräftigen Volksstammes bilden, der von 
jeher darauf angewiesen war, das karge Erträgniss der Bodencultur durch 
industrielle Thätigkeit zu vermehren. 
Aber nicht allein in rnercantiler, auch in künstlerischer Beziehung 
zeigt sich die Gablonzer Industrie als echtes Kind des Jahrhunderts. Ihre 
Lehrmeisterin ist die Mode, die Mode, wie sie von Paris aus die ganze 
civilisirte Welt beherrscht. Mit unglaublicher Raschheit bemächtigt man 
sich in den abgelegenen Thälern des Isergebirges von Saison zu Saison 
der modernsten Farben und Formen. Darin erblickt man die Garantie für 
den Erfolg, dem verdankt Gablonz seinen Ruf. Allerdings ist es nicht 
immer der beste, das müssen einsichtsvolle Männer dieser Gegend selbst 
zugestehen. Dass aber eben diese Männer auch kein Opfer scheuen und 
keine Gelegenheit verabsäumen, um Abhilfe zu schaffen und die Gablonzer 
Industrie für die Zukunft in künstlerischer Beziehung selbständig zu machen, 
zu einer Zeit, in welcher die actuelle Thätigkeit noch höchst ansehnliche 
Erfolge aufzuweisen hat, das zeigt von seltener Voraussicht, das gereicht 
ihnen zur höchsten Ehre. 
Beweis dessen, dass die Gablonzer Gemeinde es ist, welche als erste 
in Oesterreich für die Pflege kunstgewerblichen Unterrichtes ein eigenes 
Schulgebäude errichtet hat, dessen feierliche Uehergabe an die Regierung 
mit der Veranstaltung einer den localen Zwecken dienenden, eben so 
schönen als lehrreichen Ausstellung verbunden wurde. Dieselbe occupirt 
sämmtliche Räume des ersten Stockwerkes und einen Theil des Erd- 
geschosses. Den Brennpunkt des Interesses bildet der große Zeichensaal, 
an welchen sich rechts und links die Ausstellungen der Schiilerarbeiten 
anschließen. In jenem Saale erblicken wir rings an den Wänden viele 
hundert kleinere Obiecte, deren künstlerischer Werth bei näherer Bea 
trachtung Niemandem entgehen kann. 
Zunächst finden wir das Oesterr. Museum in nahezu 400 Nummern 
vertreten. Es hat indische Schrnuckgegenstände in Glas und Metall, kau- 
kasische Emailarbeiten, egyptische, syrische, chinesische und japanische 
Schmucke ausgestellt; von Volksschmucken sind hier Collectionen sla- 
vonischer, dalmatinischer, italienischer, spanischer und portugiesischer, 
siebenbürgischer und holsteinischer Herkunft zu finden. Die Renaissance 
ist durch Italien und Deutschland, sowie durch moderne Nachbildungen 
reichlich vertreten, und endlich ist eine Reihe von modernen Arbeiten 
in Silber, Gold, Bronze, Email und Porzellan ausgestellt. Das orientalische 
Museum hat unter zu Nummern Schmucke und Quincaillerie-Gegenstände 
aus Tunis, Egypten, Indien, China und Japan ausgestellt, und endlich 
finden wir moderne Wiener und Pariser Erzeugnisse, die für die Gablonzer
	        
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