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die eifrigsten Bestrebungen dahin gierigen, hinter das Geheimniss der Er-
zeugung zu kommen, dass viele Thonwerkstätten Europa's in fieberhafter
Thätigkeit Versuche über Versuche anstellten, um ein gleiches Product
zu erzielen, ist leicht begreiflich.
Männer der Wissenschaft widmeten ihre Kraft, ihren Scharfsinn
diesem Problem, stellten geistreiche Hypothesen auf: so der berühmte
französische Naturforscher Reaumur, der das chinesische Product als
eine Art durch langes Feuer zersetztes - sogenanntes entglastes Glas -
bezeichnete und dem es in der That gelang, ein äußerlich halbwegs
ähnliches Product auf mühsamem Wege zu erzeugen: das Reaumufsche
Porzellan, ein Erzeugniss, das indess nie zu praktischer Bedeutung
gelangt ist.
zoo Jahre suchte man vergeblich das Richtige, erst 170g gelang es
dem Alchemisten Böttger in Dresden unter Anwendung des richtigen
Materiales wirkliches, wahres Porzellan herzustellen und also diese Kunst
zum zweitenmale zu erfinden. Die Geschichte der Erfindung ist ganz
interessant. Johann Friedrich Böttger war 1696 als i4jähriger Junge
zum Apotheker Zorn in Berlin in die Lehre gekommen, in dessen Labo-
ratorium er sich sehr bald reiche chemische Kenntnisse und praktisches
Geschick angeeignet zu haben scheint. Bald war er auch der Alchemie
verfallen und braute und kochte und suchte den Stein der Weisen, das
große Arcanum. Da besuchte ihn der griechische Mönch Lascaris, ein-
berühmter Aclept, für dessen Kunst des Goldmachens so viele der glaub-
würdigsten historischen Zeugnisse vorliegen, dass man darob in seinem
Urtheile über die Alchemie fast irre werden könnte. Nun war es mit
Böttger gar aus. Träumerei bis zur Selbsttäuschung, Eigenlob, Selbst-
überhebung, maßlose Zuversicht in seine Kunst, maßlose Verwegenheit
in Erwartungen und Versprechungen, all diese Suite von Charakterzügen
des Adeptenthums kam auch bei ihm grell zum Vorschein.
Zugleich war aber auch der Ruf des jungen Goldkoches bald in
aller Welt. Selbst der große Leibnitz nahm Notiz von ihm und eines
schönen Tages erschien vor seinem Laboratorium der König selbst, um
sich von Böttger Proben seiner Kunst zeigen zu lassen. Was folgen
werde, sah Böttger voraus und verließ in der darauffolgenden Nacht
(20. Octoher 170i) heimlich Berlin. Wirklich sollte er gefangen genommen
werden, um des Königs Kasse mit seiner Kunst zu füllen, wurde aber
von den nachgesandten. Häschern nicht mehr erreicht, entkam nach
Wittenberg und stellte sich unter den Schutz des Königs August von
Sachsen - aus dem Regen in die Traufe! Auch da waren die Staats-
kassen leer und unser Böttger sollte in Dresden fleißig arbeiten -
ehrenvollst und mit Auszeichnung behandelt, aber unter scharfer Be-
wachung und Controle - ein Gefangener. Als er sich ungeberdigzeigte,
kam er gar auf den Königstein, später in die Albrechtsburg in Meißen.
Da scheint es nun mit der Kunst nicht recht gegangen zu sein und wie