tend lückenhaft ist), könnte fast scheinen, als ob zur Darstellung des
Porzellans, zum Gelingen einer Fabrik eben nur die Kenntniss eines
bestimmten Arcanums, eines Principes erforderlich gewesen, das dann
selbst in den Händen von einfachen Arbeitern allerorten zu unfehlbarem
Erfolge führte. Dem ist nicht so. Nicht das Recept der Masse etwa
half allein, die Behandlung, das Formen, allerhand Manipulationen, end-
lich der Bau des Ofens, das Brennen, das sind die Momente, die man
als Geheimniss übernahm, Winke, die dann in den Händen geschickter
Leute zu leichterem Erfolge führen konnten - wenn die Grund-
bedingung vorlag - der Kaolin. Und das ist nun ein Haupt-
moment der Entwicklung, das ausdrücklich betont werden muss. Die
Apostel des Porzellans verbreiteten die Kenntniss des Kaolins, der
Porzellanerde, die nun allerorten gesucht und wirklich auch an vielen
Stellen gefunden wurde. Daher die Möglichkeit der rapiden Ausbreitung
des Porzellans. Ohne Kaolin kein echtes Porzellan. Frankreich, das reiche
lndustrieland, kam erst sehr spät zu Kaolinfunden; solange konnte auch
das wahre, deutsche Porzellan dort nicht zu Stande kommen.
Dagegen hatte man da die Frage auf einem anderen, vielleicht
scharfsinnigerem Wege gelöst. Ich erwähnte schon der Versuche Reaumufs,
durch glasige Schmelzen porzellanähnliche Producte zu erzielen.
Reaumufs Methode war nun an und für sich zu umständlich, aber
ähnliche Wege führten zu besserem Ziele und schon 1695 hatte ein
gewisser Morin zu St. Cloud in der That ohne Kaolin ein Product zu
Stande gebracht, welches, wenn auch noch roh und unvollkommen, dem
chinesischen Porzellan halbwegs ähnlich sah. Bald war die Methode ver-
vollkomrnnet, und das Product konnte im Aussehen dem orientalischen
vollkommen Stand halten; es war von schön weißer Farbe, ja sogar
reiner weiß, transparent, mit einer mild glänzenden Glasur; nur ein
Unterschied, in der Natur der Sache gelegen, war auffallend, die Glasur
ließ sich mit Stahl ritzen, war weich, die Masse spröder als bei dem
echten Porzellan.
Man hat dies Erzeugniss in der Folge, zum Unterschiede vom echten
harten Producte porcellaine tendre, das weiche Porzellan, oder päte
tendre genannt.
Die Methode blieb auch hier nicht lange geheim. Sie wurde (1735)
an eine Fayencefabrik zu Chantilly, von hier an den Finanzintendanten
Marquis d'Ovry verrathen, der 1740 eine Mannfactur zu Vincennes dafür
errichtete.
Später übernahm der Bruder des Intendanten das Geheimniss, grün-
dete eine Gesellschaft}, die ein ausschließliches Privilegium erhielt und
ihre Manufactur im Schlosse von Vincennes unter dem Director
Boileau und mit Hilfe tüchtiger Chemiker und Künstler bald zu solcher
Entwicklung brachte, dass selbe ein Gegenstand des lebhaftesten Interesses
Königs Ludwig XV. wurde. 1753 fand sich der König sogar bewogen,