Zeit, Schrift und Ausdrucksweise vertheilen alle Papyri in griechischer
Sprache und Schrift überhaupt in drei Gruppen, u. zw. in die Papyri
der ptolemäischen, der römischen und der byzantinisch-
arahisch en Periode.
Während uns nun für die ptolernäische Zeit die reichen Funde von
Memphis und Theben vorliegen, hatte die dritte Gruppe bislang nur zur
Noth eine Vertretung in den Papyri aus This und Abydos gefunden, indess
für die so wichtige römische Periode vor der Entzifferung des Wiener
Papyrus Nr. 3x fast gar kein nennenswerther Ueberrest bekannt war. E s
ist daher der Fund von Faijum schon deshalb von der weit-
gehendsten Bedeutung, weil er uns Papyri, Pergam ene, ja
selbst Leder- und Bastbücher aus dem lll. bis IX. 'Jahr-
hundert für zwei bisher ganz unbekannte Perioden in über-
raschender Anzahl bietet.
Und so steht denn der paläographische Werth der Graf 'schen Funde
allein schon un e rreich t da, denn unsere ältesten griechischen Hand-
schriften reichen höchstens bis auf das Jahr 400 n. Chr. zurück; da sie
aber nur in Uncialen geschrieben sind, so kam unsere Kenntniss von der
gemeiniglich angewendeten griechischen Schrift über Vermuthungen nicht
hinaus. Es ist dies etwa so, wie wenn von unserer Zeit die Druckschrift
allein bekannt wäre, dagegen von der Currentschrift kaum eine Ahnung
bestünde.
Aber noch mehr. Unsere paläographische Einsicht gewinnt nicht
etwa nur extensiv; wir erhalten vielmehr einen tiefgehenden Ein blic k
in das gesammte Schriftwesen des IV. bis Vlll. Jahrhunderts
mit aller nur wünschenswerthen Genauigkeit. Der Entwicklungs-
gang der Majuskel- und Minuskelcursive und der späteren Uncial- und
Minuskelschrift liegt klar vor unseren Augen, ja selbst der Schlüssel zur
Erklärung gewisser Erscheinungen auf dem Gebiete der lateinischen Paläo-
graphie bietet sich hier.
Auch der Uebergang der äußeren Form der Litteraturwerke
aus dem Rollen- in das Cod ex form at und das Schwinden der
Kollesis und Sortirung des Papyrus lässt sich von Stufe zu Stufe verfolgen.
Von der größten Wichtigkeit sind mehrere tachygraphische Urkunden,
die in einem Systeme abgefasst sind, dessen Existenz man bis vor Kurzem
kaum geahnt hat. Den Schlüssel zur Entzifferung bieten einige c u rsiv-
tachygraphische Urkunden.
So viel von der äußeren Form der Urkunden, ihrer Schrift und
ihrem Format. Der lnhalt ist ein überaus mannigfaltiger: juri dis c h e,
theologis che, politische und litterarisch e Papyri, dann Briefe,
Rechnungen, überhaupt alles, was eine reiche Culturperiode zur Auf-
zeichnung bringt, wechselt in einer fast unabsehbaren Folge. Vor Allem
tritt uns Mittelägypten in seiner politischen und administrativen Stellung
als eines der wichtigsten Reichsglieder vor Augen. Wir überschauen die
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