lch bin weit davon entfernt, mich als Nationalökonom zu betrachten;
ich betrachte die Sache vom künstlerischen und kunstindustriellen Stand-
punkte und meine, dass wenn diese realistische, um nicht zu sagen mate-
rialistische Auffassung im kunstgewerblichen Leben zur Durchführung
käme, jede Kunst und jede Kunstindustrie zurückgehen muss, wenn sie
ihrer ethischen Basis entrückt wird. Unter den Nationalökonomen, die
auch die ethische Seite der Hausindustrie gewürdigt haben, ist Wilhelm
Roscher in dem Werke: wDie Nationalökonomie des Handels und Ge-
werbefleißes: (Stuttgart 188i, Seite 490 u. s. f.) vorerst zu nennen. Er
betont die ethische Seite der Hausarbeit, würdigt die historische Ent-
wickelung des Gewerbefleißes in eingehender Weise und bringt eine Fülle
von historischen Daten, die zur Orientirung geeignet sind. Vorn Stand-
punkte der katholischen Kirche betont G. Ratzing er die ethische Seite
der heutigen Volkswirthschaftsfrage in dem Werke: wDie Volkswirthschaft
in ihren sittlichen Grundlagenu (Freiburg 188i).
Wenn ich bei meinen Besprechungen manche Ausdrücke gebrauche,
die in der Kunstsprache der Nationalökonomen nicht üblich sind, möge
man mich im Voraus für entschuldigt halten. Mir sind nur die Ausdrücke
geläufig, die im Kunstleben gebraucht werden, bezüglich der anderen bin
ich nicht berechtigt, mich ihrer als Fachmann zu bedienen. lch betrachte
es als ersten Vorzug der Hausindustrie, dass sie eine Beschäftigung ist,
an der die ganze Familie mitwirkt. Die Hausindustrie ist ferner die
Trägerin der Kunsttraditionen aller Glieder des Volkes, welche sich an
derselben betheiligen, mögen diese in Städten oder auf dem Lande, in
der Ebene oder im Gebirge wohnen. Zu den künstlerischen Traditionen
der Hausindustrie sind auch zu rechnen die Traditionen der Kunsttechnik
der Ornamentik, der Formen der Gefäße und Geräthschaften und endlich
die Geräthschaften selbst. Es ist eine einseitige Auffassung, zu glauben,
dass man die Ornamente einer Hausindustrie von Gefäßen und Geräthen
trennen darf. Die ganze Kunst des Mittelalters und der ganzen Renaissance
ist als ein Product der Hausindustrie anzusehen. Als das Mönchsthum
die geistige Führerin auch auf künstlerischem Gebiete gewesen ist, hatte
ihre Kunstthätigkeit den Charakter einer Hausarbeit, an der sich die
Mönche und Laienbrüder betheiligt haben. Hat sich doch die klöster-
liche Hausindustrie bis in das verfiossene Jahrhundert forterhalten, wo
die größeren Klöster ihre häuslichen Handwerker hatten. Dass in den
Frauenklöstern der Charakter einer Hausindustrie sich bis in die Gegen-
wart erhalten hat, ist bekannt. Die deutschen Benedictiner von Beuron
versuchen es jetzt, die künstlerische Arbeit im Kloster einzuführen, um
die Kunst in der Kirche vor Verweltlichung zu schützen. Als sich später
der Bürgerstand in den Städten entwickelt hatte, war es speciell auf
deutschem Boden die bürgerliche Hausindustrie, welche Kunst und Kunst-
thätigkeit pflegte; und wenn wir heutigen Tages nach vorbildlichen
Mustern deutscher Kunst suchen, dann können wir sie nirgend anders