- Die Paul NelTsche Verlags-Buchhandlung in Stuttgart versendet soeben das
erste Heft einer neuen, groß angelegten Publication des Professors unserer Kunstgewerbe-
schule, Architekt H. Herdtle, mit deren Ausarbeitung derselbe schon seit Jahren
beschäftigt ist. nVorlegebliltter zum Studiurn des Flachornaments der ita-
lienischen Renaissance: betitelt, wird dieselbe im Formate von 55h: Centimeter
30 Blätter der edelsten Vorbilder italienischen Flachornaments in Originalaufnahmen und
in der Große der theils in Florenz, theils in Bologna befindlichen Originalwerke bringen.
Die Publication wird in ro Lieferungen a 3 Blatt erscheinen. Der Preis einer Lieferung
betragt RMk. 4.50, welch' inaßige Summe es ermöglichen soll, den Blättern größte-Ver-
breitung zu verschaffen.
Wir entnehmen dem Prospecte Folgendes: Auf wiederholten Studienreisen nahm
der Herausgeber Gelegenheit, die Meisterwerke der Flächenverzierung mit der gewissen-
haftesten Sorgfalt aufzunehmen. Die so gewonnenen Resultate, verglichen mit den bis-
herigen Reproductionen dieser Werke, ließen deren Neubearbeitung und Herausgabe
nicht nur nicht als überflüssige Wiederholung, sondern geradezu als ein Bedürfnis: er-
scheinen, um Schönheit der Composition und Reinheit der Formen eines so
hochentwickelten Styles allen Kunstgewerbetreibenden, namentlich allen Lehranstalten
unverkürzt vorzuführen. Durch Wiedergabe der Compositionen in der Original-
große wurde dem Grundprincipe aller Flächendecoration, dem Maßstabe, Rechnung
getragen. Die gebotenen Motive stehen dadurch im richtigen Verhaltniss zur decorirten
Flache, was pädagogisch nicht hoch genug anzuschlagen ist.
Ferner wurde es durch Wiedergabe der Blätter in der Originalgrbße ermöglicht,
den Detailformen die sorgfaltigste Ausführung zu Theil werden zu lassen und dürfte
hierin der Hauptwerth dieser Publicatinn begründet sein. Sie bietet daher allen Schulen,
an welchen im Ornatnentenzeichnen unterrichtet wird, sowie den Vertretern der auf
Ornarnentstudien basirenden Zweige künstlerischer Thätigkeit, als: Architekten, Decora-
teuren, Kunsttischlern, Zimmermalern, Stoüzeichnern etc. eine reiche und authentische
Quelle der Belehrung und Anregung.
Die Art der Vervielfältigung, der Lichtdruck, von der Firma J. Schober in Karls-
ruhe ausgeführt, bot die Gewahr der unverknrzten Wiedergabe der Originalzeichnungen,
so dass auch in dieser Hinsicht diese Blätter zum Exactesten gehören, was bisher an Vor-
bildern für F lachornament geschaffen wurde.
Das lnhaltsverzeichniss enthält folgende Daten über die Gegenstände, denen die
einzelnen Vorbilder entnommen sind:
Füllungen vom Chorgestühl in Sa. Maria Novella in Florenz von Baccio d'Agnolo,
Ende des t5. Jahrhunderts. Gefäße rnit Pßanzen- und Blumenschmuck auf reichverzierten
Basamenten. - Thürfüllung aus der Capelle im Palazzo Riccardi in Florenz, 15. Jahrh.
Reich gegliederter Candelaber mit Blumen und Früchten und den Wappenschildern der
Medici (eigenartige mosaikahnliche Technik). - Pilasterfnllungen vom Stuhlwerk der
Capelle des heil. Sebastian in San Petronio in Bologna, von Giacorno de Marchis und
seinen Brüdern, Ende des I5; Jahrhunderts. Gehänge aus Waffen, Musikinstrumenten
und kirchlichen Gerather. bestehend. - Füllungen von demselben Stahlwerk. Im Mittel-
felde Darstellungen heraldisch gezeichneter Vogel. - Kleinere Füllungen von demselben
Stuhlwerk. im Mittelfelde Darstellungen von Vierfüßlern. - Kleine Pilasterfüllung von
demselben Stuhlwerk. Gefäß mit dem ewigen Lichte, von Olivenzweigen umrahmt. -
Fries des Bekronungsgesimses vom Chorgestnhl in Sa. Maria Novella in Florenz. -
Basament einer Füllung von demselben Chorgestuhl.
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Die Miniaturen des Codex Egberti in der Stadtbibliothek zu Trier, in
unveränderlichem Lichtdruck herausgegeben von Franz Xaver Kraus.
Freiburg im Breisgau, Herder, 1884. kl. Fol.
Die Reihe von 60 Miniaturen, die in der vorliegenden Publication in sauberer und
getreuer Nachbildung einem größeren Publicum zugänglich gemacht werden, bieten nach
mehr als einer Richtung hin viel interessantes. Der Codex Egberti in Trier stammt
aus der Zeit zwischen 980 und 997, wie dies Kraus in der Einleitung seiner Publication
dargethan hat. Als Entstehungsort des Codex, welcher illustrirte Abschnitte aus den Evan-
gelien enthalt, hat sich die lnsel Reichenau im Bodensee bestimmen lassen, in deren
Kloster, wie Kraus vermuthet, auch der Codex Gertrudianus von Cividale in Friaul
(vergl. Gesammelte Schriften von R. v. Eitelberger, lll. Bd.) geschrieben sein dürfte.
Die Miniaturen "des Codex Egberti, sowie seine lnitialen und seine Schrift sind zum
Theil beachtenswerth, zum Theil geradezu hochbedeutend. Besonders die ersteren bieten
einen seltenen Reichthum an Darstellungstypen aus dem neuen Testament. Auch die
vorkommenden Costnme, WaEen und Gerathe verdienen vollste Aufmerksamkeit, sowie
die zahlreichen dargestellten Architekturen.