zuarbeitenden Materiales führte nach der Reihe zu einer Menge metho-
discher Neuerungen oder - wenn man will - Wiederbelebungen alter
Methoden. Es wurde begonnen an der Tafel zu zeichnen; hier und in
den neueren Vorlagen wurden Symmetrieachsen, Umfassungslinien, Ein-
theilungen nach den Grundsätzen der Composition immer zahlreicher,
und der Forderung nach dem Durchsprechen und Erklären der Vorlagen
schloss sich die nach Gedächtnissübungen und dem Auswendiglernen der
ornamentalen Wurzelformen an. Hiemit ist aber der Weg bis zu der
Forderung nach Compositionsaufgaben auch auf niederer Stufe des Frei-
handzeichenunterrichtes schon zurückgelegt. Bevor jedoch auf die Vor-
theile oder Nachtheile eines solchen Verfahrens eingegangen wird, müssen
auch Stimmen gehört werden, welche sich derzeit sogar noch über die
Möglichkeit desselben streiten.
Es gibt eine zahlreiche Gemeinde von Künstlern, Kunstfreunden
und -Kennern, welche der Ansicht sind, dass sich das Componiren
überhaupt nicht lernen lasse; dass hiezu nur dreierlei nöthig sei,
nämlich erstens: Genie, zweitens: Genie und drittens: noch einmal Genie
- und dass der Künstler aus lauter Inspiration zusammengesetzt sei und
mindestens um einen inneren Sinn mehr habe, als andere gewöhnliche,
gemeine Menschenkinder. In der Schule, selbst im Atelierunterricht
höchster Stufe pflegen die Vertreter dieser Richtung ihren Kunstjüngern
auf die vorlaute Bitte um Winke und Fingerzeige zum Componiren zu
sagen, dass es hiefür Regeln und Recepte nicht gibt, sondern dass man
so lange fort und fort zeichnen müsse, bis man es "in die Faustu
bekommt.
Das Ende dieser Verherrlichung des Kunstgeniäs ist also, dass es
blos in der Faust sitzt.
Wenn man nun auch diesem ganzen, so schön gerundeten Ideen-
kreis nicht beipllichtet, sondern meint, dass gewisse Geisteskräfte, die
jeder Mensch besitzt, im Künstler nur stärker entwickelt und dass sie
der Stärkung und Ausbildung durch Erziehung fähig sind, - so steht
doch fest, dass man durch bloße Schulung nicht das Componiren von
Kunstwerken größten Styles und Umfanges wird lehren und verrechnen
können. Aber um die großen, weltbewegenden Meisterleistungen ersten
Ranges handelt es sich bei dieser Schulfrage auch nicht. Das muss, so
banal es klingt, bei Erörterung dieser Frage leider speciell gesagt werden,
weil die Gegner des Entwerfens immer die große Kunst mit den kleinen
Anforderungen des täglichen Lebens vermengen und dadurch den Stand
der ganzen Frage so sehr verschieben, dass sie überhaupt aufhört, discu-
tirbar zu sein.
Es muss von vornherein gesagt und immer festgehalten werden,
dass es sich hier um das Componiren niederen Ranges handelt, um die
zahllosen Zusammenstellungen, Verschiebungen und Aenderungen haupt-
sächlich ornamentaler Formen, wie sie in den Kunstgewerben etc. täglich