267
Literaturbericht.
Baumann, L. und E. Bressler: Barock. Eine Sammlung von Pla-
fonds, Cartouchen, Consolen, Gittern, Möbeln, Vasen, Oefen, Orna-
menten, lnterieurs etc. Wien, Anton Schroll, 1884. Fol.
Dohme, Robert: Barock- und Rococo-Architektur. Berlin, Ernst Was-
muth, 1884. Fol.
Selten erschienen zwei Werke zu so richtigem Zeitpunkte und ergänzen einander
so gut wie die obengenannten. Wir hatten erst unlängstlGelegenheit, zu bemerken, dass
unsere Kunst und Industrie über die Renaissance hinaus mit auffälliger Intensität nach
dem Barock und Rococo hindrangt, und wenn es eine Sicherung dafür gäbe, dass die
Freude an dem Formenreichthum dieser Style nicht bis zur Nachbildung von Erzeug-
nissen führen wird, welche als schreiende Verletzungen der stylbildenden Gesetze des
Materiales bezeichnet werden müssen, so würden wir diese Wandlung im Geschmack
unserer Tage als ganz richtige Entwickelungsphase unbedingt anerkennen. Dem angedeu-
teten Streben - um nicht zu sagen Bedürfnisse - kommen nun die beiden Werke in
tredlicher Weise entgegen. Dohme bringt in der vorliegenden ersten Lieferung auf
10 Tafeln in ausgezeichneten Lichtdruclten Ansichten von berühmten Palastbauten aus
Berlin, Bruchsal, Dresden, Mainz und Potsdam. Da das Werk im Ganzen auf 160 Tafeln
(in Lieferungen zu 20 Tafeln a 20 Mk.) geplant ist, so können wir noch manch' herr-
liche Gaben dieses wahrhaft fürstlichen Barockbaustyls erwarten, besonders wenn auch
unser heimischer Reichthum an derartigen Palästen in die Publication einbezogen wurde.
Und wir dürfen dies wünschen trotz dem schönen Werke Niemann's über die Palast-
bauten des Barocltszls in Wien, weil letzteres nach großartigem Plane andere Zwecke
verfolgt, als die ein ch praktischen von Dohme's Unternehmung. Letztere hat eher in
Neumann's Barockbauren Wien's einen gleichartigen Vorläufen-Für die Decorirung
und Einrichtung solcher Innenräume sorgen nun die beiden Wiener Architekten Bau-
mann und Bressler und wir fürchten nicht zu viel damit zu sagen, dass ihre Publi-
cation dem Zeitbedürfnisse noch willkommener sein wird als jene Dohmäs. Denn an
Vorlagen von Musterleistungen der Kunstindustrie der betreffenden Zeit mangelte es
bisher mehr als an solchen für ihre Bauten. und so ist es doppelt zu begrüßen, dass
unter dem Prachtmobiliar unserer alten kaiserlichen Schlösser, Kirchen, Stifte und an-
deren Monumentalbauten Oesterreichs aus der Zeit Leopold's l. bis Maria Theresia gründ-
liche Haussuchung gehalten wird und die mustergiltigen, zum Glück trotz unverantwort-
liehen Wüstens, d. h. Modernisirens, noch zahlreichen Reste von Einrichtungsgegenständen
nun in trefflichen Aufnahmen für die heutige Kunstindustrie nutzbar gemacht werden. Die
Zeichnungen sind groß genug, mit vollständiger Deutlichkeit der Einzelheiten, ßott und
doch auch pracise, also dem malerischen Eindruck so gut als Unterrichts- und prak-
tischen Zwecken dienlich. Wir wünschen und halfen für das Unternehmen den besten
Erfolg und freuen uns, dass sich mit demselben die Firma Scbroll in so vielverspre-
chender Weise als Verleger einführt. Der Preis von 6 Mark für ein Heft zu m Tafeln
ermöglicht auch weitere Verbreitung des höchst empfehlenswerthen Werkes in unseren
industriellen Kreisen. Ch.
-it
Kolb, H.: Glasmalereien des Mittelalters und der Renaissance. Voll-
ständig in io Heften (a 6 Tafeln). Stuttgart, Konrad Wittwer, 1884.
Fol. ioo Mk.
Der Herausgeber, Professor an der Stuttgarter kgl. Kunstgewerbeschule, hat vor
Kurzem im Anschluss an Herdtle und Biermann's Schule des Musterzeichnens eine
Colorirschule veröffentlicht, welche sich wie das genannte Werk überhaupt gerechter
Anerkennung und Beliebtheit erfreut. Das Gleiche glauben wir seiner neuen Arbeit voraus-
sagen zu können, welche sich zur Aufgabe stellt, Vorbilder aus der ganzen Entwickelungs-
geschichte der Glasmalerei von der romanischen Periode bis in's XVll. Jahrhundert nach
Originalaufnahmen darzustellen, das vergleichende Studium zu ermöglichen, aber gleich-
wohl hauptsächlich der Praxis zu dienen. Letzterer Zweck wird besonders dadurch erstrebt,
dass die Aufnahmen in ziemlich großem, auch die Detailausftthrung ermöglichendem
Maßstabe genommen sind, dagegen von der Reproduction ganzer Fenster in allzu kleiner
Darstellung abgesehen wird. Zu den sorgfältig ausgeführten farbigen Bildern kommt
eine kurze historische Notiz nebst Angabe der Originalgroße. Wir empfehlen das Werk
für Schule und Praxis auf das Allcrwarmste. Ch.
z}
16'