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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XX (1885 / 232)

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Nach ihrem Untergang übernahm das Christenthum ihre Traditionen und entwickelte 
unter dem Drucke bescheidenerer Verhältnisse die romantischen Style, in denen sich 
die Glaubensinniglteit und Gemüthstiefe des Nordens ausdrückt. Die Renaissance amal- 
gatnirt diese neuen Errungenschaften mit den antiken Formen und bietet uns eine un- 
endliche Fttlle neuer schöner Einzelmotive. Indessen fasst erst die Spatrenaissance die 
architektonischen Aufgaben von höherem und allgemeinerem Standpunkt und stellt die 
noch heute giltigen Gesetze der Raumdisposition und der Massengliederung in Risalite 
und Pavillons auf. sowie sie auch die Natur unter architektonische Gesetze zwingt. 
Damit soll indessen nicht der Zusammenhang unserer Detnilformen mit denjenigen 
der Barocke gemeint sein, denn die Entwickelung des Details geht ihren eigenen Weg, 
entsprechend den jeweiligen Iocalen Verhältnissen, Der Charakter der Barockarchitektur 
entspricht der Zeit, die große Widersprüche zeigte, so dass sie in Bezug auf die Haupt- 
_ anlage anerkannt, in Bezug auf das Einzelne aber verworfen werden muss. 
Dieser Styl ist merkwürdigerweise wieder modern geworden, wird jedoch so 
übertrieben, dass er sich bald wieder erschöpft. Man sollte bei seiner Nachahmung doch 
die allgemeine Verfeinerung der Sitten seit jener Zeit auch berücksichtigen. Ueberhaupt 
steht unsere Zeit vor anderen Aufgaben. Das Zinshaus ist ein anderes als dasjenige des 
17. und 18. Jahrhunderts, namentlich seit das Parterregeschoss durchbrochen wird, 
um die großen Schaufenster zu gewinnen. Dies kann nur mit einer kräftigen Renaissance 
gelöst werden. Auch das einzelnstehende Familienhaus stellt andere Anforderungen. als 
die Barocitarchitektur befriedigen kann. Es will bewegter und gruppirter, von Innen 
herausgeboren sein. 
Es ist wohl richtig, dass ein Styl, der im Lande schon heimisch, besondere Be- 
rücksichtigung verdient. Warum wendet man sich nicht an die Hochrenaissance, deren 
Goldglanz auch über Oesterreich geleuchtet? Es gibt zahlreiche Monumente aus jener 
Zeit, die in gewisser Beziehung der unseren viel naher steht. indessen, ob man nun der 
Hoch- oder Spätrenaissance sich anschließt, so muss sie jedenfalls im Sinne unserer 
Kenntnisse der besseren Style gereinigt werden. , 
Es kann dann die Zeit kommen, wo die einzelnen Ströme der Renaissance wieder 
in einen zusammeniiießen, in dem sich aus jeder Richtung das' erhalten hat, was lebens- 
fähig ist. Hiezu bedarf es aber noch der Klärung der baukünstierischen Ansichten. Der 
Strom der Renaissance des 15. Jahrhunderts ist noch nicht erschöpft und ergänzt sich 
durch immer neue Aufgaben, durch eine immer genauere Kenntniss der Antike und eine 
immer inniger: und harmonischem Durchdringung mit der Romantik des Nordens. 
 
KLEINERE MITTHEILUNGEN. 
(Geschenk an das MIIBGIIDJ.) Herr Hofschlosser V. Gillar hat 
dem Oesterr. Museum ein nach dem Entwurfe von Prof. Herrn. Herdtle 
ausgeführtes Glockengestell zum Geschenke gemacht; ebenso hat der 
Hof-Glockengießer A. Samassa in Laibach die dazu gehörige Glocke 
dem Museum gespendet. 
(Personalnachricht) Mit I. Jännet d. J. schied der bisherige 
Custos und Bibliothekar Eduard Chmelarz aus dem Verbande des 
Oesterr. Museums und trat als Custos der kais. Kupferstichsammlung in 
die Hofbibliothek ein. Chmelarz gehörte dem Oesterr. Museum seit dem 
Jahre 1876 an und hat sich nach den verschiedenen Richtungen seiner 
Thätigkeit daselbst vielfach um die Anstalt verdient gemacht. Seit dem 
Jahre 1878 hatte er die Redaction der wMittheilungen des Museums" 
geleitet und durch fünflahre wirkte er erfolgreich als Docent für Kunst- 
geschichte an der Kunstgewerbeschule. Die größten Verdienste aber hat 
sich Chmelarz um die Bibliothek des Museums durch die von ihm und 
dem Bibliotheksbeamten Franz Ritter besorgte Neuausgabe des Kataloges 
der Museumsbibliothek (1883) erworben, Chmelarz, der sich in letzter 
Zeit aifh mit der Ordnung und Katalogisirung der Hauslab-Liechten- 
stein'sc en Sammlung beschäftigte, hat sich durch seine Arbeiten in Fach- 
kreisen einen geachteten Namen und durch seine persönliche Liebenswür- 
digkeit und Gefälligkeit im Publicum zahlreiche Freunde gemacht.
	        
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