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Geruch erklären, der in geschlossenen Zimmern entsteht, selbst wenn
diese nicht bewohnt sind und nur selten betreten, aber auch weder
entsprechend gelüftet noch mit der nöthigen Sorgfalt rein gehalten werden.
Dass eine gehörige Lüftung jedoch mit zur Reinhaltung gehört, da
sie zur Verhinderung obgenannter schädlicher Processe dient. ist eine
anerkannte Thatsache, die allerdings heute hier nicht weiter besprochen
werden kann.
Bei öffentlichen, im Freien aufgestellten Obiecten sind ähnliche
Ursachen maßgebend, die aber durch weit gröbere Eingritfe, wie das
Anhaften von Pferdemist, Vogelexcrementen etc. in ihren schädlichen
Folgewirkungen unterstützt werden.
Durch derartige Vorgänge entsteht nicht selten eine ziemlich bedeu-'
tende Schicht von erdiger Beschaffenheit, die die Bildung einer wirklichen
Vegetationsdecke zu veranlassen vermag, welche zumeist aus Flechten
und Moosen besteht, ja zuweilen selbst höhere Pflanzen enthält.
Bei Erzmonurnenten ist das freilich nur in bescheidenem Maße
möglich, aber bei Objecten aus Stein und Marmor können solche Pro-
cesse die verderblichsten Wirkungen nach sich ziehen.
Die Zerstörung der Oberfläche festen Gesteines durch die auflösende
Wirkung der dasselbe berührenden Wurzeln wurde schon von Liebig
aus dem Vorkommen von Kalksteinstücken geschlossen, deren Oberßäche
mit Wurzeleindriicken bezeichnet war. Sechs hat dann im Jahre 1859
gezeigt, dass Maiswurzeln in kurzer Zeit polirte Marmoroberflächen
corrodiren und bewies später, dass die Wurzeln verschiedener Pflanzen
im Stande sind, binnen wenigen Tagen glatte Flächen von Dolomit,
Magnesit und Osteolith an den Berührungsstellen durch auflösende Wir-
kung zu corrodiren.
ln unserem Falle haben wir es allerdings zunächst blos mit sehr
niederen pflanzlichen Organismen zu thun, allein auch diese vermögen
eine ähnliche Wirkung zu äußern. Tulasne sah die Sporen von Verru-
caria muralis (Mauer-Vilarzenilechte), auf einem geglätteten Kalksteine
ausgesäet, Wurzeln treiben, die allmälig wuchsen, Querwände erhielten,
sich verzweigten und, zwei bis drei Monate nach der Aussaat, mit ein-
ander ein ziemlich dichtes Geflecht bildeten. Auf diesem entwickelte sich
nun eine weißliche Schicht runder, vier bis sechs Zehntausendstel Milli-
meter großer Zellchen, fest mit einander und mit den Fäden, von denen
sie erzeugt wurden, verbunden. Bald nachher sah man auf dieser ersten
Lage da und dort Zellchen mit grünem Inhalte erscheinen und man
durfte nicht mehr zweifeln, dass ein neuer Thallus der Verrucaria muralis
aus den zum Versuche dienenden Sporen entstanden sei.
Diese Flechten besitzen ein sehr langsames Wachsthum und
erreichen ein hohes Alter, und viele derselben sind hiebei an eine
bestimmte, theils chemische, theils physikalische BeschaEenheit des Unter-
gruncles für ihr Gedeihen gebunden.