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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XX (1885 / 234)

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Man sieht eine Menge Lichenen auf kahlem, festem Gestein, manche 
selbst auf Glasscheiben, ja Eisenbahnschienen sich ansiedeln und gedeihen, 
und möchte daher wohl der Ansicht Raum geben, dass dieselben nur 
der anorganischen Substanz als Nahrung bedürfen. Allein in dieser 
Richtung sind die bisher vorliegenden Untersuchungen noch ziemlich 
dürftig, und man ist selbst darüber nicht klar, ob die feuerbeständigen 
Bestandtheile -der Lichenen aus dem Substrat stammen und durch die 
Rhizinen (Haftorgane) und Wurzelhaare direct von der Unterlage aufge- 
nommen werden, oder ob sie aus der Luft bezogen werden, also aus 
den Mineralkörperchen, die mit dem Staube auf den Thallus gelangen 
und von dessen ganzer Oberfläche mit dem Wasser aufgesogen werden 
können. 
Allerdings hat die erstere Ansicht größere Wahrscheinlichkeit für 
sich, weil die Aschenanalysen von Flechten zeigen, dass die Menge der 
feuerbeständig: Bestandtheile und ihre quantitative Zusammensetzung mit 
dem Substrat in hohem Grade wechseln, und weil, wie man weiß, die 
Haftorgane, und selbst der ganze Thallus, tief in das härteste Gestein 
eindringen, was ein theilweises Lüslichmachen des letzteren voraussetzt. 
Dies ist auch der erste Grund, weshalb die auf anorganischem 
Boden wachsenden Flechten die Verwitterung desselben in hohem Grade 
fördern, wobei dreierlei Ursachen zusammenwirken: Feuchthalten des 
Gesteins, die lösende Wirkung der sich ausscheidenden Säuren (Kohlen- 
säure) und die rein mechanische Wirkung der eindringenden Haftorgane. 
Diese Verhältnisse erklären auch die Rolle, welche die Flechten bei 
der Urbarmachung des Bodens für die übrige Vegetation überhaupt spielen. 
Obwohl oben gesagt wurde, dass selbst Metalle (Eisenbahnschienen) 
zuweilen eine Unterlage für die Entwickelung von pflanzlichen Orga- 
nismen abgeben können, so unterliegt es doch gar keiner Frage, dass 
bei Erzmonumenten diese Art von schädlichen Einflüssen in den Hinter- 
grund tritt. 
Größere Vertiefungen, wie die Falten der Gewandung, Mähnen des 
Pferdes, sowie Rauheiten der Metalloberiläche selbst, sind aber immerhin 
Orte, an welchen sich Schichten ansammeln können, die pflanzlichen Orga- 
nismen zur Wohnstätte zu dienen vermögen. Dagegen wirken hier manche 
Ursachen dieser Entwickelung entgegen. So sind die Metalle, welche 
hier in Betracht kommen, wie die kupferhaltige Bronze oder das Blei, 
durch ihre chemische Natur dem Lebensprocesse abträglich, dann dürften 
auch die starken Temperaturveränderungen, die die gut leitende metal- 
lische Unterlage erleidet, ebenfalls als ein Hinderniss zu betrachten sein. 
Dagegen werden hier durch die Zersetzungsprocesse, die die orga- 
nischen Reste des Staubes (Schmutzes) erleiden, auf das äußere Ansehen 
der dyfetallfläche und im weiteren Verlaufe auf die Patinabildung die 
schäidlichsten Einflüsse ausgeübt.
	        
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