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einem lichtgrauen Nimbus. Wenn, wie bei den genannten Beispielen, die
Figuren byzantinischer Emaillen sich von einem goldenen Hintergrunde
abheben sollten, war es nöthig, die Silhouetten dieser Figuren in ent-
sprechender Tiefe in das Goldblech zu treiben und dieses für die Email-
schichte geschaffene Bett dann mit den die einzelnen Farben trennenden
Cloisons zu versehen.
Nur verhältnissmäßig wenig der byzantinischen Emaillen sind bis zu
unseren Tagen erhalten geblieben. Theils der Zerstörungswuth der
lkonoklasten, theils der gemeinen Habsucht, welche die köstlichsten
Objecte der Goldausbeute halber in den Schmelztiegel wandern ließ, sind
diese Kunstwerke zum Opfer gefallen. So relativ gering aber die Anzahl
der erhaltenen Stücke dieser Art auch ist, muss ich mich doch darauf
beschränken, als hervorragende Beispiele die zu Anfang des 7. Jahr-
hunderts entstandene eiserne Krone zu Monza und die berühmte, leider
zur Besichtigung nicht günstig situirte pala d'oro in Venedig zu nennen,
sowie von den in Oesterreich-Ungarn befindlichen Kleinoden die soge-
nannte Krone Karl's des Großen und die des heil. Stephan von Ungarn.
Bezüglich der Grubenemaillen sind wir in der glücklichen Lage, Beispiele
eminentester Bedeutung in nächster Nähe bewundern zu können; in erster
Linie den berühmten Verduner Altar zu Klosterneuburg, so benannt nach
seinem Verfertiger Nicolaus von Verdun. Die 5x Emailtafeln desselben,
welche früher ein Antipendium bildeten, mit Ausnahme von sechs der-
selben, die um fast 150 Jahr jünger sind, zeigen die eben beschriebene
nielloartige Behandlung der Figuren auf farbigem Grunde. Diesen Arbeiten
ebenbürtig erscheinen die in gleicher Technik ausgeführten Emailplatten
aus dem Domschatze von St. Stephan, gegenwärtig im Oesterr. Museum
ausgestellt. Weiters erwähne ich noch des vorzüglichen Reliquienschreines,
dem Welfenschatze angehörig, zur Zeit gleichfalls im Oesterr. Museum,
von welchem ein zweites fast völlig gleiches Exemplar sich im Besitze
des South-Kensington-Museums in London befindet. Bei den Emailarbeiten
der alten Limousiner Schule, so lange sie das llimail champleve pflegte,
zeigt sich in technischer Beziehung nichts, was gegenüber den deutschen
Arbeiten vom Rheine wesentlich hervorzuheben wäre, mit Ausnahme etwa
der Bearbeitung des metallenen Grundes durch den Grabstichel.
Die Palette der bis jetzt angeführten Arten mittelalterlicher Email-
arbeiten ist eine reichhaltige zu nennen; wir finden Blau in den verschie-
denen Nuancen, mehr oder weniger abgetöntes Weiß, helles und dunkles
Gelb, ein sattes Eisenroth verschiedener Tiefe bis zum Braunroth, Grün
gleichfalls in mehreren Schattirungen. Grau, Graublau und Schwarz,
Manganviolett und (obwohl man geneigt ist, die mit Gold gefärbten
Purpurgläser einer viel späteren Zeit, mindestens der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts, zuzuschreiben) dem Aussehen nach ohne allen Zweifel
mit Goldpurpur zubereitete Emaillen, wie z. B. ein rosiges, mehr oder