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im Anschluss an die Architektur und ihre Glieder und damit auch im
Anschluss an die Plastik. Auch diese Verbindung muss heute mehr und
kräftiger betont werden, als es bisher geschehen ist.
Die Ausstellung lehrt ferner. wie unbeschränkt das Reich der Phan-
tasie in dieser Decoration der Innenräume gewaltet hat, wie reich, wie
mannigfach, wie großartig und wie anmuthig und liebenswürdig ihre
Erfindungen und Aeußerungen sind. Jedem Kunststyl, jedem nationalen
Geschmack ist hier die Phantasie gerecht geworden, in jedem hat sie
Eigenartiges, Reizvolles und Interessantes geschaffen. Sie umspannt das
ganze Gebiet der Ornarnentik, vom einfachsten linearen oder geometri-
schen oder gereihten Ornament angefangen durch alle Motive der Natur
hindurch bis zur kunstvoll verschlungenen Arabeske. Sie zieht die Welt
der Thiere und der Menschen in ihren Bereich und verwendet und
gestaltet sie nach ihrem Ermessen, natürlich oder stylvoll, heraldisch wie
symbolisch, allegorisch bedeutsam wie decorativ; sie steigt hinauf zum
höchsten Bildwerk, das sich der Decoration einfügen und ihr dienen muss,
in Palast und Haus wie in der Kirche.
Unsere Ausstellung versucht allen diesen Gesichtspunkten gerecht
zu werden. Sie zeigt das Ornament wie das großartige Wandgemälde;
sie schließt das letztere (in der Regel) nur dann aus, wenn es von jeder
Umgebung, von jeder umrahmenden Decoration losgelöst wiedergegeben
ist. Sie zeigt ihren Gegenstand in historischer Folge, geordnet nach den
großen geschichtlichen odernationalen Kunststylen, wie sie einer nach
dem andern aufgetreten sind. Wir lassen sie auch so räumlich in der
Aufstellung einander folgen, indem wir (rechts vom Aufgang der Stiege)
mit den Aegyptern in den oberen Arkaden beginnen, und umwandelnd
unter den Arkaden noch die griechische und römische Decoration, die
Malerei der Katakomben, die byzantinische Decoration und die Glasmosaik
und die des Mittelalters nordwärts der Alpen passiren. Im Saal IX, den
wir sodann betreten, gelangen wir durch die frühe italienische Decoration
zur Renaissance, die wir allseitig kennen lernen. Der Vorlesesaal führt
uns dann durch die Barockzeit bis an den Anfang des I9. Jahrhunderts,
als an unseren Grenzpunkt. Hier hat auch noch die orientalische Deco-
ration, obwohl im System die vierte Gruppe, ihren Platz gefunden, weil
sie, Mittelalterliches und Modernes umfassend, sich in den Gang der histo-
rischen Entwickelung schwer einfügen ließ.
Das Material, das an Abbildungen jeglicher Art zu Gebote stand,
war mehr als der verfügbare Raum fassen konnte. Schon der gegen-
wärtige Bestand der Bibliothek und der Vorbildersammlung des Museums
hätte zum großen Theil hingereicht; wo wir aber Originalzeichnungen
von auswärts hatten, zogen wir es vor, diese vor Allem zu verwenden
und etwaige zweite Darstellungen desselben Gegenstandes aus dem Museum
zurückstehen zu lassen. Und originale Aufnahmen sind uns reichlich zur
Verfügung gestellt. Zuerst sei hier mit dem Ausdruck ergebensten Dankes