365
mit feucht zerriebenem Ziegelmehl, ganz zuletzt eine Polirfeile verwen-
dend, welche er sich aus einem mit Bockleder überzogenen Holze ianfertigt,
vso dassu, wie er sagt, nwenn ein Theil des Electrum nass, der andere
trocken wäre, Niemand unterscheiden könnte, welcher nass, welcher
trocken sein.
Solchergestalt erhielten sowohl Gruben- als Zellenschmelze die so
angenehm mildglänzenden Flächen, welche an gut erhaltenen Stücken
durch Jahrhunderte bis heute ein Aussehen bewahrt haben, als wären
sie erst aus der Werkstätte gekommen. Die zur Fertigstellung der Stücke
nöthige Schleifprocedur macht es erklärlich, dass dieselben entweder voll-
kommen ebene oder convexe Oberflächen zeigen. Von den nun schon
öfter genannten Verfahren der Emailbildnerei ist vorzüglich der Gruben-
schmelz mancher Modification fähig. Es können die darzustellenden Formen
farbig auf metallischem Grunde erscheinen und, wenn nöthig, nur die Innen-
contouren, etwa bei menschlichen Figuren die Falten der Gewänder etc.
noch aus reservirten Streifen desselben Metalles gebildet werden, oder
aber die Figuren heben sich farbig von farbigem Grunde ab, wobei auch
die äußeren Umrisse in Metall stehen gelassen werden, sowie etwa
noch die Gesichter, welche nun vertieft gestochene und mit Email aus-
gefüllte lnnencontouren erhalten. Oder der Künstler schlägt einen voll-
kommen entgegengesetzten Weg ein: setzt seine Gebilde ganz golden auf
farbigen Grund, gravirt alle Formen in Kupferstich- oder Niellomanier
in das Metall und füllt die Linien manchmal auch noch mit Email von
entsprechender Farbe. Nicht ausgeschlossen ist ferner, dass bei einem
und demselben Objecte mehrere dieser Verfahren zugleich in Anwendung
gebracht werden. Als weitere Bereicherung der Darstellungsmittel erscheint
außerdem beim Grubenemail die häufig vorkommende Anwendung von
zwei oder mehr Farben innerhalb ein und derselben Grube. Auf einen
Vortheil wie den letztgenannten verzichteten die byzantinischen Emailleure,
nur die Gesichter zeigen mitunter zwei oder mehr Farben unmittelbar
nebeneinander geschmolzen.
Das bei den westeuropäischen Grubenschmelzen angewendete Metall
ist Kupfer, der Byzantiner benützt: Gold zur Unterlage und zu den
Stegen seiner kostbaren Erzeugnisse, welche sich in vielen Fällen durch
die außerordentliche, ja mitunter fabelhaft erscheinende Zartheit der
Durchführung zu köstlichen Juwelen gestalteten. Ich erwähne zum Belege
nur zwei kreisrunde Medaillons aus der Sammlung Swenigorodskoi. Das
eine von acht Millimeter Durchmesser zeigt ein Brustbild Christi mit dem
Kreuznimbus; der Heiland trägt einen himmelblauen Mantel, seine Linke
hält ein Buch, dessen weißer Deckel sogar noch einen rothen Kreis in
der Mitte zeigt; der goldene Hintergrund trägt gleichfalls roth die beiden
Buchstaben C und X. Das zweite Medaillen hat elf Millimeter im Durch-
messer und stellt das Brustbild eines geflügelten Engels dar, mit schwarzem
Haupthaar, gelbem Gewande, grün und roth gestreiften Flügeln und