MAK

Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XX (1885 / 236)

1 
Deiner Jugend hat begonnen, der Du Dich mit Eifer und Liebe 
voll und innig hingabst, war voll von Schaffensfreudigkeit und 
Kühnheit. ' 
Die Zeit hat reichliche Früchte getragen, während Du mitten 
darin gestanden bist, uns geleitet und geführt hast. Die Zeit 
hat diese herrlichen Früchte gereift, und die Kunst wird Dir dafür 
ewig danken. ln diesem Jahre, als ich zum letzten Male Worte 
von Deinem lieben Munde hörte - und mir klingen sie so im 
Ohre, als hörte ich sie jetzt - da sagtest Du". sich bin froh, 
dass ich alt bin, denn so schöne Zeiten, wie ich erlebt habe, 
kommen in der Welt nur selten wieder, ich möchte nicht wieder 
jung WCTdelLü Aber nicht nur an die Kunst und Wissenschaft, 
an die Ideale Deines Lebens, dachtest Du, Du gedachtest auch 
Deiner Freunde und Lieben, und das allerletzte Wort, wasich gehört, 
galt ihnen. Damals sprachst Du von einem unvergleichlichen 
Lebensglücke: dass das Schicksal Dir auf Erden viele unermess- 
liche Freude geschenkt hat. Du nanntest es ein hohes Glück, 
treue Genossen auf dieser Welt gefunden zu haben. "Aber es 
gab für Dich noch eine höhere Freude. Du sagtest, etwas sei 
Dir noch beschieden, ein seltenes Himmelsgeschenk, das einem 
Manne nicht oft voll und so rein gegeben wird, Dir ist es gegeben 
worden: eine wundarbar gütige, engelsgleiche Frau. Das waren 
deine letzten Worte, gerade so, die letzten, die ich aus Deinem 
Munde hörte. _Es war damals ein ebenso schöner Tag wie heute 
und Deine lieben Augen glänzten und sahen so freudig in die 
funkelnde Sonne. Und diese Sonnenstrahlen scheinen dir auch 
heute zum letzten Male in Dein Grab hinab, Du hattest sie so 
lieb, Du sahst im Sonnenschein das Licht der Welt, Du hattest 
ihn lieb und liebtest auch die lichte Welt, Du schiedest ungern, 
doch es musste leider sein. Ruhe nun in Frieden. die Erde 
werde Dir leicht." 
Zum Schlusse hätte der Director der Kunstgewerbeschule 
Friedrich Sturm, Namens des Lehrkörpers und der Schüler das 
Wort ergreifen sollen. Er wurde jedoch von Rührung derart über- 
mannt, dass es ihm unmöglich war, den beabsichtigten Nachruf 
zu halten. 
Der Sarg wurde dann versenkt und die ersten Schollen 
rollten in die Tiefe. Kurz vor sieben Uhr war die imposante 
Trauerfeier zu Ende.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.