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Museum befindlichen Riesenplatten aus dem Besitze Sr. Durchlaucht des
Fürsten Liechtenstein herrühren, soll einer technischen Eigenvthümlich-
keit erwähnt werden, welche an den genannten Arbeiten auffallend zur
Schau tritt. Während alle Limousiner sich des dunklen Grundes bedienten
und ihre Grisaillen in zwei Lagen zumeist mit WeiB vollendeten, sind
diese Platten zunächst ganz weiB emaillirt, und die nun folgende Pro-
cedur ähnelt sehr der Maltechnik der alten Limogen auf blankem Kupfer.
Mit Schwarz ist der Contour gezogen und die Localtöne dunkel angelegt;
Lagen von opakem Weiß erzeugen die Modellirung und röthliche, blaue,
braune Tinten u. s. w. vervollständigen im Vereine mit Gold die colo-
ristische Wirkung. Doch weiter wie im tollen Wirbel folgt nun Art
auf Art. Wir sehen in den Sammlungen des Louvre zu Paris Schalen,
deren Mulden mit Grisaillen auf schwarzem Grund geziert sind, die
gebuckelten Ränder aber sind weiß und mit polychromen Büscheln styli-
sirter Blüthen und Blätter bedeckt. Es zeigen sich also an einem und dem-
selben Stück zwei Verzierungsarten extremsten Contrastes. Schon aber
naht auch die Zeit, wo das Porzellan, vorläufig noch das chinesische, mit
seinen hellen Farben das Regiment antritt. Weifigrundig werden nun die
Maleremaillen, oder vielmehr an diesen Malereienfist nichts mehr Ernail
als der weiße Grund. Mit weichen leichtilüssigen Farben werden darauf
die zart gepinselten Miniaturgemälde der Barockzeit und des nachfolgenden
Rococo ausgeführt. Bekannt ist der Name des Emailmalers Jean Tontin
und der seines Schülers, des Genfers Petitnt, dessen Emailporträts sich
präsentiren wie lebende Gesichter in einem Convexspiegelchen.
Sehr bald verstand man es auch, über die zarten Malereien auf
weißem Grunde eine Lage krystallhellen Emails (Fondant) zu schmelzen.
Dieser Fondant wurde weiters noch geschliffen bis zur spiegelnden Glätte.
So Borirte die Emailmalerei in dieser Art noch etwa bis zur Mittedes
abgelaufenen Jahrhunderts, dann aber näherte sich diese Kunst dem
Niedergange fast bis zum Verlöschen, und als das 18. Jahrhundert zur Neige
ging, waren eigentliche Malereien nur noch spärlich zu finden. Ab und
zu stach etwa der Goldschmied seine nüchternen Verzierungen in das
Edelmetall und füllte die Höhlungen mit Email; weniger zur Zier als des
Umstandes halber, dass; wie unsere Großväter zu erzählen wussten, das
Publicum der Meinung war, nur echtes Gold sei zum Emailliren ver-
wendbar und daher in dem Vorhandensein des Emails eine sichere Gewähr
filr den Werth des Gegenstandes erblickte. Um der Ernaillirkunst wieder
aufzuhelfen, musste sie zum Theile neu entdeckt werden; dies ging um
so langsamer von Statten, als die Literatur diese: Gegenstandes, je mehr
sie sich der Neuzeit näherte, immer unzuverlässiger und reservirter wurde.
Das Heer der Arcanisten schuf Unterweisungen, eher geartet, Jedermann
von der gesunden Praxis abzuschrecken, als hiezu anzuleiten. Wie anders
lehrte Theophilus, der schlichte Arbeiter der Klosterwerkstätte, wie
anders Benvenuto, der lern- und lehrfreudige echte Sohn der Renaissance,